Österreich Wie FPÖ und "Identitäre" miteinander verschmelzen
In Österreich liegt die FPÖ in Meinungsumfragen deutlich vorne und hofft, die Parlamentswahl im Herbst zu gewinnen. Unter ihrem Chef Kickl ist sie noch einmal nach rechts gerückt und übernimmt zunehmend Positionen der "Identitären Bewegung".
Im Örtchen Steyregg bei Linz steht das sogenannte "Castell Aurora". Es ist ein Haus mit blaugrauer Fassade, einer Kneipe im Erdgeschoss, mit bodentiefen Fenstern. In einem Infokasten neben dem Eingang wird ein Vortrag von Götz Kubitschek beworben, dem Vordenker der sogenannten "Neuen Rechten" und einem der Gründer des als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Instituts für Staatspolitik in Schnellroda (Sachsen-Anhalt).
In Steyregg würden die Gedanken und Konzepte der "Identitären Bewegung" unter die Leute gebracht, sagt Uwe Sailer, ein pensionierter Kriminalbeamter, der sich in Oberösterreich gegen Rechtsextremismus engagiert. Es handele sich dabei um eine "Vermischung von Rechtsextrem-Gedankengut von AfD-Politikern, von FPÖ-Politikern und von Burschenschaften" mit einem "Einzugsgebiet" von der Schweiz über Deutschland, Österreich bis nach Ungarn
Intensive Kooperation von jüngeren Aktivisten
Mit dieser Einschätzung steht Sailer nicht allein da. In Österreich sei ein Verschmelzen von "Identitärer Bewegung" und der Partei FPÖ vor allem seit der Corona-Pandemie zu beobachten, sagen Experten.
Besonders intensiv sei die Kooperation auf der Ebene der FPÖ-Jugendorganisation, so der Wiener Rechtsextremismus-Forscher Bernhard Weidinger - "die inzwischen wirklich aussieht, handelt, spricht wie die 'Identitären'". Abgesehen von Formalien in Sachen Organisationsform sei er jedenfalls nicht mehr in der Lage, weitere Unterschiede zu benennen.
Jobs als Mitarbeiter von Fraktionen
Die rechtsextremen Ideen aus der "Identitären Bewegung" finden ihren Weg in die Parteien aber nicht nur über Veranstaltungen wie die im österreichischen Steyregg. Sowohl in Österreich als auch in Deutschland beschäftigen FPÖ beziehungsweise AfD Mitarbeiter, die aus der "Identitären Bewegung" kommen.
Bei der AfD sei das zum Beispiel im Brandenburger Landtag zu beobachten, so der Rechtsextremismus-Forscher des Moses-Mendelssohn-Zentrums der Universität Potsdam, Christoph Schulze, und nennt als Beispiel einen Mitarbeiter der dortigen AfD-Fraktion, der in einem Hausprojekt der "Identitären Bewegung" in Halle "eine zentrale Figur" gewesen sei.
Im Landtag arbeite auch der Chef des Instituts für Staatspolitik, das "maßgeblich die Remigrationsparole und auch die 'Identitäre Bewegung' in Deutschland verbreitet" habe, als Referent bei der AfD-Fraktion. Der aktuelle Pressesprecher der AfD im Landtag wiederum sei Teilnehmer des Potsdamer Treffens gewesen, auf dem unter anderem über die sogenannte Remigration aus Deutschland gesprochen worden sei.
Arbeitsteiliges Vorgehen
Der Wiener Politikwissenschaftler Bernhard Weidinger beobachtet, dass sich Partei und Aktivisten zunehmend als Gesamtbewegung verstünden, die arbeitsteilig operiere:
Da gibt es die Parlamentspartei, da gibt es den Aktivismus, da gibt es die sogenannten Alternativmedien - aber im Bewusstsein, dass man auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet. Und wo dann die oberste Regel ist, dass das Minimum, das man voneinander erwarten können muss, ist, sich nicht voneinander zu distanzieren.
Hauptsache dagegen
Bei der österreichischen FPÖ ist das spätestens der Fall, seit Herbert Kickl nach einem Richtungsstreit in der Partei 2021 zum Parteichef gewählt wurde. Unter ihm hat die FPÖ "identitäre Positionen" übernommen. Die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl beobachtet, dass das Wählerinnen und Wähler nicht mehr abschreckt.
Unter möglichen Wählern von FPÖ und AfD gebe es einen Prozess, der "die Leute so verhetzt, so zerrüttet, dass es zunehmend einfach egal wird. Dass man zunehmend sagen kann, 'Ja, wir sind halt Nazis, wir sind halt rechtsextrem'. Und ob das ironisch gemeint ist oder aufgefasst wird oder nicht - allein, dass man sich in diesen Graubereich begibt, sagt schon so viel aus, weil das überhaupt nicht mehr abschreckt. Weil das 'dagegen' so viel wichtiger ist als alles andere."