Frauen in der Forschung Wieso es so wenige Nobelpreisträgerinnen gibt
Diese Woche werden die Nobelpreisträger verkündet. Bislang waren nicht mal sieben Prozent aller Ausgezeichneten Frauen. Allerdings gibt es wohl eine vorsichtige Trendwende.
Im vergangenen Jahr wurde der Physik-Nobelpreis an zwei Wissenschaftler und eine Wissenschaftlerin vergeben. Eine weibliche Physik-Nobelpreisträgerin, das ist bemerkenswert - fand auch die Wissenschaftlerin selbst. Anne L’Huillier von der schwedischen Universität Lund sagte kurz nachdem sie von der Auszeichnung erfahren hatte:
Es bedeutet mir unglaublich viel, es ist unglaublich. Und wie Sie wissen, bekommen nicht besonders viele Frauen diesen Preis. Es ist wirklich etwas Besonderes.
Nur 6,6 Prozent der Preisträger sind Frauen
L'Huillier ist seit 1901 erst die fünfte Preisträgerin in Physik, 220 Männer wurden hingegen schon ausgezeichnet. Oder wenn man die ganz große Rechnung aufmacht: Gerade mal 6,6 Prozent der Ausgezeichneten insgesamt sind weiblich.
Die meisten wurden für Literatur oder Frieden ausgezeichnet. Inzwischen befasst sich die Wissenschaft mit dieser Geschlechterungerechtigkeit: Nils Hansson, schwedischer Medizinhistoriker an der Uni Düsseldorf, kritisiert die ungleiche Verteilung. "Es hinterlässt ein verzerrtes Bild der Wissenschaft, wenn man immer nur alte Männer als große Preisträger wahrnimmt", sagt er. "Da denkt man doch: Sind Frauen schlechter in der Forschung?"
Auf gewisse Art und Weise könne man das historisch erklären, denn vor hundert Jahren hätten sehr wenige Frauen studiert - und noch viel weniger waren Professorin oder hatten wichtige Posten inne.
Nominierungen sind streng geheim
Doch heute stimme diese Betrachtung nicht mehr, sagt Hansson. Und auch ein Blick auf die Statistik zeigt: Die Zahl weiblicher Preisträger nimmt in den letzten 20 Jahren zu.
Das Prozedere zur Vergabe der Nobelpreise läuft so ab: Das Nobelkomitee fordert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dazu auf, Vorschläge einzureichen. Aus diesen Nominierungen wird eine Shortlist erstellt. Und am Ende berät eine fünfköpfige Jury, wer ausgezeichnet wird. Wer überhaupt nominiert war - die Nobelstiftung hält diese Informationen für 50 Jahre unter Verschluss.
"Was man untersuchen kann, ist die Zeit bis Mitte der 1970er-Jahre. Da kann man feststellen, dass es sehr wenige Frauen gab", sagt Nils Hansson. "Wer seitdem überhaupt nominiert war und was hinter den Kulissen passiert ist, wissen wir nicht."
Frauen holen bei Medizinpreisen auf
Das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen beim Nobelpreis sei jedoch kein Einzelfall, betont der Medizinhistoriker. Und gleichzeitig ein Spiegelbild anderer gesellschaftlicher Phänomene: der Tatsache, dass Frauen weniger verdienen als Männer, und dass sie seltener zitiert werden. Doch Nils Hansson sieht auch einen positiven Trend. Eine Studie zu Medizinpreisen in Deutschland habe ergeben, dass die wichtigsten Preise Anfang der 2000er Männern zugesprochen worden seien. "In den letzten Jahren gehen doch immer mehr Preise an Frauen. Diese Tendenz gibt es international und auch in Deutschland."
Verkündung der Preisträger beginnt
Ab heute werden wieder die Nobelpreisträgerinnen und -träger verkündet - die ganze Woche lang.
Bis Mittwoch werden die naturwissenschaftlichen Preise vergeben, Donnerstag der für Literatur und Freitag der Friedensnobelpreis. In der Woche darauf folgt dann noch der Wirtschaftspreis in Gedenken an Alfred Nobel.