Alternativer Nobelpreis Vier Preisträger, die die Welt besser machen
Frieden, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit: Der Alternative Nobelpreis zeichnet Menschen aus, die sich für langfristige Veränderungen einsetzen. Einer der diesjährigen Preisträger beschäftigt sich mit der Lage in Nahost.
Die ganze Welt kann heute zuschauen, wie Kriege passieren. Dokumentiert werden schwere Kämpfe und Kriegsverbrechen durch Fotos, Videos und Berichte im Netz. Aufnahmen von Privatpersonen oder Filme von Überwachungskameras - all das sind wichtige Quellen für die Organisation Forensic Architecture. Das Kollektiv erstellt mit deren Hilfe 3D-Animationen und versucht so Menschenrechtsverletzungen, staatliche Gewalt und Umweltverbrechen nachzuweisen.
Technologie für Menschenrechtsarbeit
Eyal Weizman hat die Organisation gegründet und sagte vor zwei Jahren im Interview mit den tagesthemen: "Wir nutzen spezielle Software für Umgebungen, um Verbrechen von Staaten aufzuklären. Wir versuchen, den Menschen vor Ort zu helfen, die unter Gewalt eines Staates leiden. Und wollen Staaten zur Verantwortung ziehen und eine Veränderung bewirken."
Forensic Architecture erhält den Preis "für die Entwicklung digitaler forensischer Methoden zur Gewährleistung von Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht für Opfer und Überlebende von Menschen- und Umweltrechtsverletzungen."
Dafür erhält Forensic Architecture einen von vier Right Livelihood Awards in diesem Jahr. In der Begründung der Jury heißt es, dass die Organisation Technologie und Menschenrechtsarbeit auf ganz neue Art und Weise verknüpfe.
"Forensic Architecture macht diese Arbeit immer zusammen mit den Opfern oder Überlebenden", sagt Ole von Uexküll, Geschäftsführer der Right Livelihood-Stiftung. "Und da geht es sowohl um aktuelle Menschenrechtsfälle, aber auch um ganz wichtige historische Arbeit. Nicht zuletzt um den deutschen Völkermord in Namibia, wo sie mit den Nama und Herero zusammenarbeiten."
Zum Hintergrund: Der Völkermord an den Nama und Herero fand ab 1904 unter deutscher Kolonialherrschaft in Namibia statt, Zehntausende Menschen kamen dabei ums Leben.
Preisträger von drei Kontinenten
Joan Carling aus den Philippinen wird unter anderem für das Erheben der Stimme der indigenen Völker angesichts des globalen ökologischen Zusammenbruchs ausgezeichnet.
Drei weitere Preisträgerinnen und Preisträger hat die Right Livelihood Stiftung in diesem Jahr ausgewählt: Joan Carling von den Philippinen für ihren Einsatz für die Rechte indigener Völker. Die Umweltaktivistin Anabela Lemos von der Organisation Justiça Ambiental! aus Mosambik, die sich für ökologische Gerechtigkeit einsetzt. Ebenfalls geehrt werden der palästinensische Menschenrechtsaktivist Issa Amro und seine Organisation Youth Against Settlements, so Ole von Uexküll.
Anabela Lemos kämpft mit ihrer Organisation Justiça Ambiental! aus Mosambik für den Schutz von Communities und ihr Recht darauf, 'Nein' zu ausbeuterischen Megaprojekten zu sagen und Umweltgerechtigkeit zu fordern.
"Sie werden ausgezeichnet für ihren gewaltfreien Widerstand gegen die israelische Besatzung. Issa Amro lebt in Hebron, einer Stadt, wo es sehr viel Gewalt gibt durch israelische Siedler, auch durch die israelische Armee. Und er hat es geschafft, die Menschen dort zu organisieren, in verschiedenen Methoden des gewaltfreien Widerstandes, und dadurch auch vielen die Möglichkeit gegeben."
Über den palästinensischen Menschenrechtsaktivisten sagt die Jury: "Issa Amro ist zu einer führenden Stimme der gewaltfreien Bewegung geworden, die sich für eine Zukunft einsetzt, in der die Palästinenser frei und in Würde leben können."
Ein besseres Lebensmodell als Ziel
Ein besseres Lebensmodell für die Menschheit zu finden, das ist die Vision des Right Livelihood Awards. Auch wenn die vier Preisträger in diesem Jahr alle in sehr unterschiedlichen Themenfeldern engagiert sind, so eine sie diese Grundidee, findet Ole von Uexküll. Für ihn sei es die Tatsache, dass sie in einer Zeit von so viel Gewalt und Chaos in der Welt Mut machten, das sie verbinde.
"Die Preisträger machen Mut, aber nicht in einem Sinn im Sinne von naivem Optimismus, sondern eher im Sinne von konkreten Utopien, weil sie mit praktischer Arbeit einfach zeigen, dass Systemwandel für eine für eine friedlichere Welt, für eine gerechtere Welt möglich ist", sagt von Uexküll.
Der Right Livelihood Award wurde 1980 von dem deutsch-schwedischen Publizisten und Aktivisten Jakob von Uexküll gestiftet. Weil von Uexküll ihn eigentlich im Rahmen der Nobelpreise vergeben wollte, die Nobelstiftung dies aber nicht zuließ, wird der Preis im deutschsprachigen Raum auch Alternativer Nobelpreis genannt. Die diesjährigen Gewinner werden am 3. Dezember in Stockholm ausgezeichnet.