Teilauszählung bei Wahl in Moldau EU-Referendum auf der Kippe - Sandu erhebt Vorwürfe
Moldaus Präsidentin Sandu liegt zwar bei der Präsidentenwahl vorn - doch beim EU-Referendum droht nach einer Teilauszählung eine Niederlage. Noch in der Nacht erhob sie schwere Anschuldigungen.
Bei der Präsidentenwahl in Moldau liegt die proeuropäische Staatschefin Maia Sandu nach Auszählung von mehr als 96 Prozent der Wahlzettel mit rund 41 Prozent der Stimmen vorn. Sie verpasst damit die absolute Mehrheit und muss wohl in zwei Wochen in eine Stichwahl, meldet die Nachrichtenagentur dpa. Ihr Gegner wird aller Voraussicht nach der frühere Generalstaatsanwalt Alexandru Stoianoglo sein, der rund 27 Prozent der Stimmen erhielt und für die traditionell starke Sozialistische Partei des prorussischen Ex-Präsidenten Igor Dodon antritt.
Insgesamt waren elf Bewerber zur Wahl angetreten, darunter einige, die sich für gute Beziehungen zu Russland einsetzen. Eines der wichtigsten Ziele Sandus ist es, den EU-Kurs des Landes als strategisches Ziel in der Verfassung festschreiben zu lassen. Beim Referendum über diese Frage - das ebenso am Sonntag stattfand - schien es laut dpa nach Auszählung von knapp 97 Prozent der Stimmen, als wenn sich das Volk mit hauchdünner Mehrheit gegen die Verfassungsänderung ausgesprochen hätte. Umfragen hatten eher das Gegenteil erwarten lassen.
Schwere Vorwürfe
In einem nächtlichen Auftritt in der Hauptstadt Chisinau beklagte Sandu eine beispiellose Attacke demokratiefeindlicher Kräfte auf die Präsidentenwahl. Kriminelle Gruppen hätten gemeinsam mit einer ausländischen Macht versucht, die Lage in Moldau zu destabilisieren.
Die nach einem EU-Beitritt strebende Führung des verarmten Agrarstaats sieht Russland als größte Bedrohung für die Stabilität der Republik. Es gebe Beweise, dass 300.000 Stimmen gekauft worden seien, sagte sie. Dutzende Millionen Euro seien ausgegeben worden, um Lügen und Propaganda zu verbreiten. "Wir haben es mit einem beispiellosen Angriff auf die Freiheit und die Demokratie in unserem Land zu tun", wurde Sandu von örtlichen Medien zitiert. Sie wolle das Endergebnis abwarten und dann Entscheidungen treffen.
Details nannte die 52-Jährige nicht. Allerdings hatten moldauische Sicherheitskräfte schon vor dem Urnengang Wählerbestechung und prorussische Desinformation in dem Land mit rund 2,5 Millionen Einwohnern aufgedeckt, das zwischen der von Russland angegriffenen Ukraine und dem EU-Mitgliedstaat Rumänien liegt.
Als einflussreicher Akteur in der moldauischen Politik gilt neben Russland der ins Ausland geflüchtete moskautreue Oligarch Ilan Shor, der in seiner Heimat wegen Geldwäsche und Betrug in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde und zur Fahndung ausgeschrieben ist. Russischen Staatsmedien zufolge warf Shor seiner Rivalin Sandu vor, bei der Wahl gescheitert zu sein - Moldau brauche die EU nicht.
Fördergeld in Aussicht gestellt
Russland wirft der Europäischen Union vor, mit Milliardenversprechen Einfluss auf die Abstimmung genommen zu haben. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bei einem Besuch in Chisinau und einem Treffen mit Sandu kurz vor der Abstimmung 1,8 Milliarden Euro an Fördergeld in Aussicht gestellt. Die Finanzspritze soll vor allem das Wachstum ankurbeln, Arbeitsplätze schaffen sowie Dienstleistungen und Infrastruktur verbessern.
Auch am Wahlsonntag gab es teils scharfe Kritik daran, dass Sandu die Präsidentenwahl und das EU-Referendum miteinander verknüpfte. Mehrere Politiker von Parteien aus dem russlandfreundlichen Lager boykottierten das Referendum und sprachen von einem rechtswidrigen Prozess. "Die Gespräche mit der Europäischen Union sollen fortgesetzt werden, doch die Entscheidung über eine Mitgliedschaft in der EU sollten erst nach dem Abschluss dieser Verhandlungen getroffen werden, wenn alle Bedingungen klar sind", sagte Ex-Präsident Dodon. Erst dann sei ein Referendum möglich.