Europagipfel in Moldau Zusammen gegen Putin
Beim Europagipfel in Moldau wollen 47 Länder Einigkeit gegen Russland demonstrieren. Der ukrainische Präsident Selenskyj bat erneut um "Patriot"-Raketen und Kampfjets. Auch die Sicherheitslage auf dem Balkan ist ein Thema.
Staats- und Regierungschefs aus 47 Ländern sind nach Moldau gereist, um beim Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) Einigkeit gegenüber Russland zu demonstrieren. Das zweitägige Treffen steht unter dem Motto "Moldau ist nicht allein".
"Moldau ist in dieser Woche das politische Herz Europas", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kurz vor Beginn des Gipfels. Unter den etwa 2,5 Millionen Einwohnern wächst seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine die Furcht vor Einmischungen Russlands. Dazu tragen auch pro-russische Separatisten in der Region Transnistrien bei, ein schmaler Streifen an der Grenze zur Ukraine.
Unterstützung für die Ukraine
Die EPG will zudem Solidarität mit der Ukraine demonstrieren. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte zu Beginn des Treffens, er hoffe, dass der Gipfel "ein deutliches Zeichen für die Einheit vieler, vieler Staaten, nicht nur der EU, sondern auch anderer Staaten setzen wird". Es sei wichtig, dass diese Botschaft Russland erreiche. Russland habe sich durch seinen Angriff auf die Ukraine selbst aus dieser Gemeinschaft ausgeschlossen, so Borrell.
"Wir müssen unsere Unterstützung für die Ukraine bekräftigen, die sich der russischen Aggression widersetzt", sagte die moldauische Präsidentin Maia Sandu bei der Begrüßung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf dem nur rund 20 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernten Weingut Schloss Mimi südöstlich von Chisinau. "Die Ukraine sorgt heute für die Sicherheit der Republik Moldau, und dafür sind wir sehr, sehr dankbar", betonte Sandu.
Ukraine und Moldau drängen auf EU-Mitgliedschaft
Zugleich wandte sich Sandu direkt an die Gipfelteilnehmer: "Bitte investieren Sie in unsere Länder, bitte haben Sie Vertrauen in unsere Demokratien und in unsere Zukunft in der EU." Dies sei für "Frieden und Sicherheit auf dem Kontinent" notwendig. Moldau erhielt im vergangenen Juni zeitgleich mit der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten.
Beide Länder seien dazu bestimmt, Seite an Seite auf eine EU-Mitgliedschaft hinzuarbeiten, betonte auch Präsident Selenskyj, dessen Teilnahme an dem Gipfel aus Sicherheitsgründen bis zuletzt nicht bestätigt worden war. Sein Land sei auch bereit, der NATO beizutreten, erklärte er mit Blick auf den Bündnisgipfel am 11. und 12. Juli in Litauen. Er hoffe auf die nötige Einstimmigkeit unter den NATO-Mitgliedern. Diplomaten zufolge haben unter anderem die USA und Deutschland Bedenken.
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer warnte mit Blick auf die EU-Beitrittsverhandlungen davor, die Ukraine zu bevorzugen. Es dürfe "kein besonderes 'Fast-Track-System' für die Ukraine" geben. Sonst würden Länder des Westbalkans benachteiligt. "Wir sehen gerade im Kosovo, wie wichtig es ist, dass die Europäische Union an der Seite der Westbalkan-Staaten steht", sagte Nehammer.
Selenskyj bittet um weitere Waffen
Selenskyj will das Treffen in Moldau für zahlreiche bilaterale Gespräche nutzen. Dabei geht es neben der NATO-Mitgliedschaft auch um einen möglichen Friedensplan sowie die Lieferung von militärischer Ausrüstung. Es komme nun auf zwei Komponenten an: "eine Patriot-Koalition, die der russischen Erpressung durch ballistische Raketen ein Ende setzt, und eine Koalition moderner Kampfflugzeuge, die beweist, dass Terror gegen unsere Bürger keine Chance hat", sagte der ukrainische Präsident in der Auftaktsitzung.
Die Ukraine hat bereits "Patriot"-Luftverteidigungssysteme von ihren Verbündeten erhalten - auch aus Deutschland. An einer auf dem G7-Gipfel geschmiedeten Koalition zur Unterstützung der Ukraine mit F-16-Kampfjets aus amerikanischer Produktion beteiligt sich die Bundesregierung dagegen bisher nicht. Mehrere andere europäische Länder, darunter die Niederlande und Großbritannien, haben angekündigt, ukrainische Piloten für die F-16 ausbilden zu wollen. Deutschland hat selbst keine F-16-Jets, Großbritannien allerdings auch nicht.
Bundeskanzler Olaf Scholz betonte auf dem Gipfel erneut, wie bedeutend die deutsche Unterstützung bei der Luftverteidigung der Ukraine sei. Dieser Beitrag sei gerade jetzt wichtig, "wo es so viele Angriffe mit Raketen, mit Flugzeugen, mit Marschflugkörpern seitens der Russischen Föderation gibt", sagte er.
Gespräche über Ausschreitungen im Kosovo
Neben dem Angriffskrieg gegen die Ukraine ist die Sicherheitslage auf dem Balkan das zweite große Thema des Gipfels. In den vergangenen Tagen war im Kosovo der Konflikt zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit eskaliert.
"Wir haben viele Probleme auf dem Balkan", erklärte der EU-Außenbeauftragte Borrell. Angesichts der jüngsten Ausschreitungen habe er sich bereits mit dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti getroffen und werde sich heute mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic besprechen. Alle Seiten müssten versuchen, jede Form von Eskalation zu vermeiden, so Borrell.
Scholz und Macron treffen sich mit Konfliktparteien
Auch Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollen sich mit den Spitzen der Kosovo-Konfliktparteien beraten, wie ein Regierungssprecher in Berlin mitteilte. Teilnehmen sollten daran Vucic und die Präsidentin des Kosovo, Vjosa Osmani. Beide machten sich im Vorfeld gegenseitig Vorwürfe und werden nicht gemeinsam an einem Tisch Platz nehmen. Die Gespräche mit Scholz und Macron finden separat statt.
Die EPG ist ein noch junges Format, das dem Austausch vor allem der 27 EU-Staaten mit Regierungen dienen soll, die nicht in der EU sind. Dazu gehören neben der Ukraine und Moldau auch die Türkei und Großbritannien.
Mit Informationen von Astrid Corall, ARD-Studio Brüssel, zzt. Moldau