Parlamentswahl in Kroatien Entscheidung nach einem Duell voller Abneigung
Heute wird in Kroatien gewählt. Vor vier Jahren gewannen die Konservativen deutlich - diesmal wohl nicht. Wahrscheinlich werden kleine Parteien entscheidend sein. Der Wahlkampf war von einem Duell geprägt.
Am Tag der Wahl ist völlig offen, wie Kroatien in Zukunft regiert wird. Die Umfragen sehen zwar die konservative Regierungspartei HDZ als stärkste Kraft. Sie dürfte aber Probleme haben, die Mehrheit der 151 Abgeordneten hinter sich zu bringen.
Der Wahlkampf war geprägt von einem Duell der beiden wichtigsten politischen Figuren in Kroatiens Innenpolitik und ihrer gegenseitigen Abneigung: Premierminister und HDZ-Chef Andrej Plenkovic auf der einen Seite und Präsident Zoran Milanovic auf der anderen Seite.
Hau-Drauf-Populist Milanovic
Milanovic gilt als der schärfste Kritiker Plenkovics. Immer wieder bemängelt er Vetternwirtschaft und Korruption der Regierung. Die HDZ hat Kroatien seit der Unabhängigkeit die meiste Zeit regiert und hat den Staat und seine Institutionen durchdrungen. In den letzten acht Jahren Regierungszeit hat sie 30 Minister verschlissen, viele mussten wegen Korruptionsvorwürfen und ähnlichen Skandalen ihren Hut nehmen.
Für Milanovic war dies eine Steilvorlage. Eigentlich dürfte er sich als Präsident gar nicht in den Wahlkampf einmischen. Doch Mitte März verkündete Milanovic überraschend, für die Sozialdemokraten (SDP) als Premier-Kandidat ins Wahlrennen zu gehen. Das Verfassungsgericht schritt ein und untersagte Milanovic, aus dem Amt heraus zu kandidieren, ohne vorher als Präsident zurückgetreten zu sein.
Milanovic beschimpfte die Richter daraufhin als "lästige Stallfliegen" - und blieb Präsident. Offiziell ist er zwar nicht mehr im Rennen, die SDP tritt nun ohne einen Spitzenkandidaten an. Doch Milanovic war im Wahlkampf mit seinen markigen Parolen weiter präsent. Der durchaus beliebte Politiker ist ein Hau-Drauf-Populist, dessen Positionen zwischen links und rechts pendeln und sich auch mal innerhalb weniger Tage um 180 Grad drehen.
Kroatiens Präsident Zoran Milanovic ist ein beliebter Hau-Drauf-Populist, dessen Positionen zwischen links und rechts pendeln.
Pragmatischer Machtpolitiker Plenkovic
Sein Gegenspieler Plenkovic gilt als gemäßigt in den Reihen der konservativen HDZ, von der Teile nationalistisch agieren. Der Premier ist ein pragmatischer Machtpolitiker. Das hat ihn bisher anschlussfähig gemacht, auch für Koalitionspartner, die der HDZ ideologisch nicht unbedingt nahestehen, etwa Vertreter der serbischen und italienischen Minderheiten.
Doch schon in der vergangenen Legislaturperiode war Plenkovics Mehrheit im Parlament hauchdünn, seine Koalition hatte nur zwei Sitze mehr als nötig. Diese stehen jetzt infrage. Die HDZ und ihre Partner könnten weniger Mandate bekommen als nach der letzten Wahl 2020, so die Umfragen.
Kleine Parteien werden wohl Ausschlag geben
Viel hängt deshalb von den Minderheiten und den kleineren Parteien ab. Die konservative MOST und die links-grüne Mozemo lehnen eine Koalition mit der HDZ ab. Möglich wäre hingegen eine Koalition mit der rechtspopulistischen "Heimatbewegung" (Domovinski pokret), die drittstärkste Kraft werden dürfte. Möglicherweise reicht es aber auch mit ihren Stimmen nicht für eine Mehrheit.
Auch die SDP bräuchte wohl mehrere andere Parteien, um eine Mehrheit im Parlament zu sichern. Sollte diese in Aussicht sein, könnte Milanovic doch noch als Präsident zurücktreten und sich um den Premierposten bemühen. Beobachter glauben aber, dass Milanovic nicht koalitionsfähig ist. Seine Positionen sind oft nicht klar, auf Kritik reagiert er empfindlich. Eine Regierung unter ihm könnte also wacklig sein und schnell zerbrechen. Dann wären Neuwahlen wahrscheinlich.
Von insgesamt 151 Mandaten im "Sabor", dem kroatischen Parlament, werden jeweils 14 Sitze in zehn Wahlkreisen vergeben, also insgesamt 140. Dabei gilt die Fünf-Prozent-Hürde. Weitere acht Mandate sind für die Minderheiten reserviert, drei für die mehr als 200.000 Menschen starke Diaspora. Die Auslandskroaten wählen traditionell eher konservativ.
Der Wahltag ist in Kroatien arbeitsfrei. Die Wahllokale öffnen um 7.00 und schließen um 19.00 Uhr.