Ostsee zwischen Estland und Finnland Spurensuche nach Pipelineleck
Sabotage oder Unfall? Was hinter dem Leck in der Gaspipeline zwischen Estland und Finnland steckt, ist noch unklar. Die Reparatur wird mindestens fünf Monate dauern.
Steckt Sabotage dahinter? Diese Frage treibt Finnland und Estland nach dem Gasleck in der Ostsee-Pipeline "Balticconnector" um. Die Ermittlungen der Behörden stehen noch ganz am Anfang. Doch Seismologen haben eine Erschütterung in der Nähe der Gasleitungen gemessen.
Allerdings nur eine kleine, sagt Björn Lund, Seismologe an der Universität Uppsala. Die Größenordnung entspriche circa der Stärke eins auf der Richterskala: "Das ist etwa 30 mal geringer als bei den Sprengungen an den Nord-Stream-Leitungen."
Dünne Faktenlage
Was dafür verantwortlich ist, ist unklar. Sicher ist nur, dass es einen Schaden an der Leitung am Meeresgrund gibt, die Finnland und Estland verbindet. Höchstwahrscheinlich herbeigeführt durch Fremdeinwirken. Die finnische Regierung will keinen Schuldigen benennen. Zu dünn ist die Faktenlage bislang.
"Nur Russland dazu fähig"
Doch Charly Salonius-Pasternak, Forscher am finnischen Institut für Außenpolitik, äußert sich weniger zurückhaltend: "Die Liste der Staaten in unserer Region, die Möglichkeit, Motiv und die Fähigkeit haben, so etwas durchzuführen - und von denen wir wissen, dass sie die Energieinfrastruktur unter Wasser kartiert haben - die ist ziemlich kurz. Da gibt es nur Russland."
Laut der finnischen Zeitung "Helsingin Sanomat" soll sich ein russisches Schiff am Wochenende nahe der Gasleitung befunden haben. Moskau hatte den NATO-Beitritt Finnlands im April als Provokation empfunden und eine Reaktion angekündigt.
Auch mechanische Kollision möglich
Finnlands Regierungschef Petteri Orpo warnte nach dem Leck aber vor voreiligen Schlüssen. Nach Einschätzung norwegischer Seismologen könnte auch ein Schiffsanker die Gasleitung gestreift und die Erschütterung so verursacht haben. Arve Mjelva vom Forschungsinstitut Norsar: "Wir untersuchen gerade, wie sich die Erschütterung erklären lassen könnte. Der Schaden könnte sowohl durch eine mechanische Kollision als auch durch eine Explosion verursacht worden sein."
NATO unterstützt Ermittlungen
Die Ermittlungen zu dem Vorfall in Finnland und Estland will auch die NATO unterstützen. Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Rande eines Treffens der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel: "Wenn sich herausstellt, dass es eine absichtliche Attacke auf kritische Infrastruktur der NATO war, dann würde das eine geeinte und entschiedene Antwort der NATO nach sich ziehen."
Untersuchungen könnten lange andauern
Die Untersuchungen zu dem Leck könnten allerdings nach Einschätzung von Betreibern und Behörden noch lange andauern. Axel Wernhoff, NATO-Botschafter in Schweden, mahnte nach dem Vorfall an, die Infrastruktur in der Ostsee besser zu schützen. Im schwedischen Radio sagte er: "Es gibt eine große Anzahl an Pipelines, Fiber- und Stromkabeln in der Ost- und Nordsee. (…) Dieser Vorfall offenbart die Verletzlichkeit der kritischen Infrastruktur. Die Frage, wie man diese Infrastruktur schützt, steht auf der Agenda der NATO."
Falls das überhaupt möglich sei, fügte Wernhoff hinzu. Denn auch wenn sie nur ein kleines Binnenmeer ist - um sie ständig komplett zu überwachen, ist die Ostsee zu groß.