Gipfeltreffen in Berlin Scholz drängt auf Tempo bei Westbalkan-Annäherung an EU
Seit mehr als 20 Jahren warten die Staaten des Westbalkans auf die Aufnahme in die EU. Beim Gipfel in Berlin wurden nun Fortschritte gemacht. Noch immer erschwerten aber alte Konflikte die Zusammenarbeit, sagte Kanzler Scholz.
Bundeskanzler Olaf Scholz hofft auf schnellere Fortschritte bei der Heranführung der sechs Westbalkan-Staaten an die EU. "Ich hoffe, dass es nicht noch einmal zehn Jahre braucht, bis alle sechs Staaten endlich zu EU-Mitgliedern geworden sind", sagte der SPD-Politiker am Rande des sogenannten Westbalkan-Gipfels in Berlin. Bei dem Treffen wurden ein Aktionsplan für einen gemeinsamen regionalen Markt sowie ein neues Mobilitätsabkommen unterzeichnet, bei dem es um den Zugang zur Hochschulbildung geht.
Der Gipfel ist Teil des seit zehn Jahren laufenden "Berliner Prozesses", der die sechs Staaten des westlichen Balkans an die EU heranführen soll. Konkret gehören dazu Serbien, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und der Kosovo. Bei dem Jubiläumstreffen seien "wichtige Fortschritte" erreicht worden, die konkret das Leben der Bürgerinnen und Bürger in der Region erleichterten, sagte Scholz. Der nun vereinbarte Aktionsplan schließe einen Wirtschaftsraum von 17 Millionen Einwohnern ein.
Die diesjährige Konferenz hatte unter günstigen Vorzeichen begonnen, weil vor wenigen Tagen unter deutscher Vermittlung eine jahrelange Blockade des Freihandelsabkommens CEFTA der sechs Staaten gelöst werden konnte. "Das ist nichts Geringeres als ein Durchbruch für die regionale Zusammenarbeit", sagte Scholz.
Unterschiedlich weit im Verfahren
Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sprach von einem erfolgreichen Treffen. Die Erweiterung der EU habe anders als vor zehn Jahren Priorität, allerdings würden Lektionen aus dem Jahr 2004 und der damaligen Erweiterungsrunde beachtet. Sie nannte Respekt für Demokratie und den Rechtsstaat sowie die Werte der EU und betonte die Bedeutung der wirtschaftlichen Integration und Zusammenarbeit.
Bereits 2003 hatte die EU den sechs Staaten den Beitritt in Aussicht gestellt. Die Länder sind jedoch unterschiedlich weit in dem Verfahren. Der Frust unter den Westbalkan-Staaten ist teils groß, zumal die Ukraine und die Republik Moldau als Folge des russischen Angriffskriegs in Rekordgeschwindigkeit zu Beitrittskandidaten gemacht wurden.
Problem: Konflikte der Vergangenheit
Scholz machte in seinem Statement deutlich, dass die Staaten nur gemeinsam der Europäischen Union beitreten könnten. Auf Nachfrage sagte er, man wolle eine gemeinsame Perspektive für alle entwickeln, aber es werde Länder geben, die sehr schnell alle Bedingungen erfüllen. "Die werden wir dann nicht aufhalten (...), aber alle müssen wissen, dass sie in einer gemeinsamen Zukunft sein werden und dass man sich nicht wechselseitig blockieren kann (...)."
Immer noch erschwerten Konflikte der Vergangenheit die Zusammenarbeit heute, sagte Scholz. Er kritisierte, dass der Dialog zur Normalisierung zwischen Serbien und dem Kosovo nicht zufriedenstellend laufe. "Ich bestehe beiden Partnern gegenüber darauf, dass sie die eingegangenen Verpflichtungen vollständig umsetzen."
Auch in anderen Ländern müsse man nationalistische, spaltende Rhetorik feststellen. Das sei eine Gefahr für das Zusammenwachsen und Zusammenleben in Frieden und Wohlstand.