Ratspräsidentschaft Was die Spanien-Wahl für Europa bedeutet
Am Sonntag sind Wahlen in Spanien. Deren Ausgang wird darüber entscheiden, wie effektiv das Land die EU-Ratspräsidentschaft weiterführen kann - und mit welcher Agenda.
Die Liste der Themen der spanischen Ratspräsidentschaft ist lang und ambitioniert: strategische Autonomie der EU, Verteidigungspolitik, Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit, Hilfe für die Ukraine, neue Asylregeln. Doch was passiert mit all diesen Themen, wenn es am kommenden Sonntag einen Regierungswechsel gibt?
Änderung der Agenda für Ratspräsidentschaft
Derzeit regiert Pedro Sanchez von den Sozialisten in einer Koalition mit mehreren kleinen linken Parteien und katalanische Regionalparteien. Bei einem Regierungswechsel würde wohl die konservative Partido Popular den neuen Ministerpräsidenten stellen und möglicherweise mit der ultranationalen Partei Vox koalieren.
Ein Regierungswechsel würde also einen Kurswechsel von klar links nach deutlich rechts bedeuten. Dass sich dann die Agenda für die Ratspräsidentschaft verändern würde, ist nach Einschätzung von Henning Vöpel vom Centrum für Europäische Politik wahrscheinlich. Gerade weil die Präsidentschaft noch ziemlich am Anfang stehe, sei es noch relativ leicht, eigene Akzente zu setzen.
Wenig Aufmerksamkeit für EU-Belange
Doch selbst wenn es keine großen Veränderungen an der Agenda geben sollte, sei es unwahrscheinlich, dass die spanische Ratspräsidentschaft unter diesen Bedingungen ein Erfolg wird, meint Daniel Caspary aus der Fraktion der Christdemokraten im Europaparlament.
Aus seiner Sicht sollte während einer Ratspräsidentschaft gar nicht im entsprechenden Land gewählt werden. Denn die politische Aufmerksamkeit richte sich dann zunächst auf den Wahlkampf und schließlich auf die Regierungsbildung. Das sei immer schlecht für die EU - und ganz besonders in schwierigen Zeiten wie in diesem Jahr.
Inhaltliche Unterschiede bei Klima und Migration
Entspannter blickt Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenschaft und Politik auf die Folgen der Spanien-Wahl für die EU. Nach seiner Einschätzung sind die Länder, die die EU-Ratspräsidentschaft innehaben, zu Dienstleistern geworden, die vor allem vermitteln und Kompromisse aushandeln müssen und weniger als früher selbst die Agenda bestimmen können.
Doch auch er geht davon aus, dass die politische Führung Spaniens je nach Wahlausgang und einem womöglich schwierigen Prozess der Regierungsbildung so sehr mit Innenpolitik beschäftigt sein könnte, dass wenig Zeit für Brüssel bleibt.
Mögliche Unterschiede bei der Agenda sieht er vor allem in der Migrations- und der Klimapolitik. Bei den Themen Handelspolitik und Ukraine sieht er hingegen keine großen Unterschiede.
Wie effizient wird die Ratspräsidentschaft?
Der Wahlausgang in Spanien wird also darüber entscheiden, wie effizient die spanische Ratspräsidentschaft arbeiten wird. Bei einem Regierungswechsel wird es schwieriger, das volle Programm umzusetzen. Spaniens noch amtierender Ministerpräsident Pedro Sanchez hatte zu Beginn der Präsidentschaft gesagt, Europa habe in den vergangenen Jahrzehnten viel für Spanien getan, nun sei es an Spanien, viel für Europa zu tun.
Doch ob er selbst in der Führung der spanischen Ratspräsidentschaft noch viel für Europa tun kann - da ist sich Sanchez vermutlich nicht ganz so sicher: Die traditionelle Rede zur Ratspräsidentschaft vor dem Europaparlament hat er verschoben, von Juli auf September.