Eingefrorene Gelder Brüssel gibt 137 Milliarden Euro für Polen frei
137 Milliarden Euro hatte die EU-Kommission im Streit um die Rechtsstaatlichkeit in Polen eingefroren. Weil die neue Regierung in Warschau geforderte Reformen eingeleitet hat, sollen die Gelder nun freigegeben werden.
Die EU-Kommission hat formell die Freigabe von 137 Milliarden Euro für Polen genehmigt, die wegen Bedenken zur Rechtsstaatlichkeit eingefroren worden waren. Die Regierung in Warschau habe geforderte Reformen eingeleitet und wichtige Meilensteine zur Unabhängigkeit der Justiz zufriedenstellend erfüllt.
Das Geld stammt aus zwei Quellen: Einmal rund 76,5 Milliarden Euro aus dem EU-Kohäsionshaushalt, mit dem der Lebensstandard der Mitgliedstaaten angeglichen werden soll. Zum anderen möchte die Kommission rund 60 Milliarden lange blockierte Corona-Hilfen der EU freigeben. Davon sollen 34,5 Milliarden Euro in Form von Darlehen und 25,3 Milliarden in Form von Zuschüssen fließen.
Über die Freigabe der Corona-Hilfe kann die Brüsseler Behörde allerdings nicht allein entscheiden, die Mitgliedstaaten müssen noch zustimmen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte die Freigabe in der vergangenen Woche angekündigt. Die polnische Regierung habe "beachtliche" Bemühungen unternommen, sagte sie bei einem Besuch in Warschau. Der polnische Justizminister Adam Bodnar hatte zuvor einen Aktionsplan vorgelegt, um ein Ende laufender EU-Strafverfahren zu erreichen.
Streit über Justizreformen
Bereits nach dem Regierungswechsel im Dezember hatte Polen einen Vorschuss von gut fünf Milliarden Euro aus dem Fonds bekommen, der für die Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie eingerichtet wurde. Die EU-Kommission hatte das Geld für das Land zurückgehalten, weil die frühere langjährige PiS-Regierung in Warschau das Justizsystem ausgehöhlt hatte.
Kritisiert wurde von der EU zuletzt unter anderem ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, nach dem Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind. Diese Entscheidung wird als höchst problematisch angesehen, weil sie der polnischen Politik einen Vorwand geben könnte, ihr unliebsame Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu ignorieren.
Die bisherige nationalkonservative PiS-Regierung in Polen hatte zudem höchst umstrittene Justizreformen vorgenommen, die auch aus Sicht des EuGH die Unabhängigkeit der dortigen Richter gefährden.
Wiederannäherung an die EU
Polens neue proeuropäische Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk will die Reformen nun wieder entschärfen. Im Wahlkampf vor dem Regierungswechsel hatte Tusk seinen Landsleuten bereits eine Wiederannäherung an Brüssel versprochen, um blockierte Hilfen freizubekommen.
Neben den Geldern aus Brüssel geht es auch um ein Ende 2017 eingeleitetes Verfahren, mit dem Polen wegen Rechtsstaatsverstößen ein Stimmrechtsentzug im EU-Ministerrat drohte. Warschau hofft auf ein Ende des Verfahrens vor den Europawahlen Anfang Juni.
Ungarn wäre dann das einzige Land, gegen das noch ein solches läuft.