Verdacht der Vertragsverletzung Brüssel eröffnet neues Verfahren gegen Warschau
Die EU-Kommission geht gegen ein neues Gesetz von Polens nationalkonservativer Regierung vor. Die Untersuchungskommission zu "russischer Einflussnahme" sehen Kritiker als Versuch, Oppositionschef Tusk vor der Wahl im Herbst auszuschalten.
Polens nationalkonservative Regierung bekommt erneut Gegenwind aus Brüssel: Die EU-Kommission geht wegen eines neuen Gesetzes gegen Warschau vor, das die Opposition behindern könnte. EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis sagte in Brüssel, die Behörde habe ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der umstrittenen Untersuchungskommission zu "russischer Einflussnahme" eingeleitet.
Kritiker werten die Einrichtung der Kommission als Versuch der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Oppositionsführer Donald Tusk vor der Parlamentswahl im Herbst politisch auszuschalten. Die PiS hatte die gesetzliche Grundlage für die Untersuchungskommission Ende Mai gebilligt.
Der Liberalkonservative Tusk war von 2007 bis 2014 polnischer Regierungschef und später Ratspräsident der EU. Die PiS-Regierung wirft ihm vor, unvorteilhafte Gasverträge mit Russland geschlossen zu haben. Tusk gilt als größter politischer Gegner von PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski.
Betroffenen droht zehnjährige Amtssperre
Das neunköpfige Gremium soll ohne richterliche Basis darüber urteilen, ob Menschen in Polen zwischen 2007 und 2022 unter "russischer Einflussnahme" Entscheidungen getroffen haben, die der Sicherheit des Landes schadeten. Im Fall einer Verurteilung droht den Betroffenen eine zehnjährige Sperre von öffentlichen Ämtern.
Neben der EU-Kommission hatten sich auch die Bundesregierung und die USA besorgt geäußert. Daraufhin hatte Präsident Andrzej Duda bereits Änderungen vorgeschlagen. In der neuen Fassung soll das Gremium nun lediglich feststellen, "dass eine Person, die unter russischem Einfluss gehandelt hat, eine ordnungsgemäße Erfüllung des öffentlichen Interesses nicht gewährleisten kann".
Am Ende eines Vertragsverletzungsverfahrens können eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und eine Geldbuße stehen. Am Donnerstag will die EU-Kommission einen Brief mit den Vorwürfen an Polen schicken. Warschau hat dann zwei Monate Zeit, darauf zu reagieren.