Trauer um Silvio Berlusconi "Eine Persönlichkeit im Rampenlicht"
Der frühere italienische Ministerpräsident Berlusconi polarisiert selbst nach seinem Tod: Zu seiner Trauerfeier im Mailänder Dom strömten Tausende Anhänger. Kritiker halten die verordnete Staatstrauer für "völlig deplatziert".
Das Fernsehen überträgt stundenlang live, die ersten Menschen kommen schon am Vormittag auf den Platz vor dem Mailänder Dom, um von Silvio Berlusconi Abschied zu nehmen. In der prallen Sonne stehen sie da. Einige mit Regenschirmen, um sich ein bisschen Schatten zu schaffen. Mehrere Tausend sollen es am Ende sein.
Der Wagen mit Berlusconis Sarg nimmt nicht den kürzesten Weg zum Dom, sondern fährt noch einmal durch Mailand - die Stadt, die wie keine andere mit dem Medienmogul, Unternehmer, Politiker und früherem AC-Mailand-Besitzer verbunden ist.
Von seinen Anhängern gefeiert...
"Es gibt nur einen Präsidenten, einen Präsidenten", skandieren Berlusconis Anhänger, als der Sarg die Kirche erreicht.
Auch in der Kirche geht der Applaus weiter. Neben Freunden und Familie sind rund 2000 Gäste aus Politik, Gesellschaft, Medien und Sport gekommen - etwa Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, mit der Berlusconi bis zu seinem Tod im Mitte-Rechts-Bündnis das Land geführt hat. Ebenso unter den Anwesenden ist Staatspräsident Sergio Mattarella, selbst der ungarische Präsident Victor Orban ist gekommen.
Insgesamt neun Jahre lang war Berlusconi Ministerpräsident Italiens, so lange wie keiner im Nachkriegsitalien. Über drei Jahrzehnte prägte er mit seiner Politik das Land. Dabei spaltete er Italien in glühende Anhänger und glühende Gegner. Für seine Anhänger war er der Politiker zum Anfassen - "il cavaliere" - jemand, der Italien voran brachte. Für seine Gegner war er ein rechter Populist, der vor allem sich selbst bereicherte und die extreme Rechte in Italien enttabuisiert hat.
...von seinen Gegnern geschmäht
Eine Spaltung, die auch der Erzbischof in seiner Predigt auffasst: "Wenn ein Mensch ein Politiker ist, will er sich immer durchsetzen - bei Unterstützern und Gegnern. Es gibt die, die ihn hochheben lassen, und die, die ihn nicht ausstehen können."
Auch seine Beerdigung hat für Streit gesorgt: Es ist das erste Mal, dass ein Ministerpräsident in Italien ein Staatsbegräbnis erhält. Die Regierung Meloni hat Staatstrauer angeordnet, die Regierung hat für drei Tage ihre Arbeit weitgehend niedergelegt. Im Parlament sind Sitzungen und Abstimmung sogar für rund eine Woche abgesagt.
Die Fahnen an öffentlichen Gebäuden sind auf Halbmast - üblicherweise passiert das vor allem nach schweren Katastrophen mit vielen Opfern. "Was für eine Übertreibung, völlig deplatziert", sagt deshalb die frühere Ministerin und EU-Kommissarin Emma Bonino in einem Interview. Die Zeitung "La Stampa" nennt die Beerdigung "Trauer, die spaltet".
Auch im Tod bleibt Berlusconi also das, was er zeitlebens war: eine One-Man-Show, die polarisiert. Oder, wie es der Erzbischof bei der Beerdigung etwas versöhnlicher formuliert:
Silvio Berlusconi war ein Politiker, ein Geschäftsmann, eine Persönlichkeit im Rampenlicht.