Nachlass des italienischen Ex-Premiers Was wird aus Berlusconis Wirtschaftsimperium?
Der Unternehmer Silvio Berlusconi hinterlässt einen Großkonzern, zu dem außer TV-Sendern eine Bank, ein Fußballklub und Immobiliengeschäfte gehören. Wer hat künftig die Macht in seiner Familienholding Fininvest?
"Grazie Silvio - Ciao papà". Weiß auf blau lief den ganzen Tag weithin sichtbar die Abschiedsbotschaft für den Firmengründer über das digitale Laufband des Sendeturms in Cologno Monzese, traditioneller Sitz der Fernsehsender Silvio Berlusconis und seiner Familie.
In den wichtigsten Berlusconi-TV-Programmen wurden am Todestag die aktuellen Sendungen abgebrochen, bis tief in die Nacht liefen Sonderübertragungen - erstmals in der Geschichte des Berlusconi-Fernsehens ohne Werbeunterbrechungen.
"Linie der absoluten Kontinuität"
Das TV-Geschäft ist immer ein Herzstück des Wirtschaftsreiches Silvio Berlusconis gewesen. Nach dem Tod des Firmengründers aber sieht Italiens führende Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 Ore" ein "Imperium", das sich "vielen Herausforderungen" stellen muss.
Um Ängste einzudämmen, haben die fünf Kinder Berlusconis bereits am Todestag ihres Vaters den Märkten versichert: "Die Aktivitäten werden in einer Linie der absoluten Kontinuität fortgesetzt."
Piersilvio Berlusconi leitet das TV-Geschäft - und zeigt keine Ambitionen in der Politik.
Spannend ist vor allem die Zukunft des Fernsehbetriebs der Familie, stets eine "Cashcow" im Firmengeflecht und entscheidend beteiligt am politischen Aufstieg des Silvio Berlusconi. Das Unternehmen, das in Italiens kommerziellem Fernsehen quasi eine Monopolstellung hat, wird geführt vom ältesten Sohn, Piersilvio Berlusconi. Der 54-Jährige ist seit 2015 Vorstandschef der Mediaset-Gruppe, die vor knapp einem Jahr umbenannt wurde in Media for Europe (MFE) - um deutlich zu machen, dass die Familie Berlusconi sich als Player nicht nur im italienischen, sondern im internationalen Fernsehgeschäft sieht.
Starke Position im italienischen Markt
Der Heimatmarkt allerdings ist nach wie vor die wirtschaftliche Basis. Angeführt von den drei wichtigsten MFE-Programmen Canale 5, Rete 4 und Italia 1 sind die Berlusconi-Sender im vergangenen Jahr erstmals fast auf Augenhöhe gekommen mit dem italienischen Staatsfernsehen RAI, das zu 99,56 Prozent in der Hand des Finanzministeriums ist.
Im vergangenen Jahr erreichten die Berlusconi-Programme zur Hauptsendezeit eine durchschnittliche Quote von 36,2 Prozent. 55 Prozent des italienischen TV-Werbemarkts sind in den Händen der zu MFE gehörenden Berlusconi-Firma Publitalia.
In dem seit Jahren international schwierigen TV-Markt hat sich Berlusconis Fernsehunternehmen relativ gut gehalten. Zwar scheiterte der Ausflug ins digitale Pay-TV, Mediaset Premium wurde 2019 eingestellt. Mit der Streaming-Plattform Mediaset Infinity versucht das Berlusconi-Unternehmen nun am Internetgeschäft teilzuhaben, auch neue TV-Spartenkanäle der MFE sind erfolgreich.
2021 erzielte das Unternehmen einen Nettogewinn von 374 Millionen Euro, im allgemeinen Krisenjahr 2022 waren es immerhin noch 216,9 Millionen. Ein Übernahmeversuch des französischen Medienkonzerns Vivendi wurde 2021 abgewehrt.
Europaweite Pläne im Fernsehgeschäft
Profitiert hat Mediaset lange von der politischen Protektion durch Silvio Berlusconi. Piersilvio Berlusconi aber hat sich zuletzt als Vorstandschef freigeschwommen. Im Unterschied zu seinem verstorbenen Vater treibt ihn kein politisches Sendungsbewusstsein um. Piersilvio sieht sich als Wirtschaftsmanager, etwas anderes hat er sein Leben lang nicht gemacht. Seit 1992 arbeitet er in Unternehmen des Familienkonzerns.
Die Zeit, als sein Vater in die Politik einstieg, erzählte Piersilvio Berlusconi vor einigen Jahren, sei für ihn ein "Albtraum" gewesen. Vom Charakter deutlich ruhiger als Signor Papà, ließ Piersilvio, der einige Jahre Philosophie studiert hat, zuletzt Trash-Sendungen aus dem Programm werfen.
Die internationalen Geschäfte liegen in Piersilvios Hand, die Erhöhung des Anteils von MFE am deutschen Unternehmen ProSiebenSat.1 hat er als Vorstandschef vorangetrieben. Er möchte, hat Piersilvio Berlusconi erzählt, das familieneigene Fernsehen zum "pan-europäischen Unternehmen" ausbauen. Außer in Italien und Deutschland ist die MFE vor allem im spanischen TV-Markt aktiv.
Steht an der Spitze der Holding Fininvest: Tochter Marina Berlusconi.
Der Berlusconi-Konzern ist aber weit mehr als Medien. Die Holding der Familie heißt Fininvest und wird seit 2005 von Berlusconis ältester Tochter Marina geführt. Die heute 56-Jährige war immer mal wieder als Nachfolgerin ihres Vaters in der Politik im Gespräch, beispielsweise als Silvio Berlusconi 2013 nach seiner Verurteilung wegen Steuerbetrugs alle politischen Ämter niederlegen musste.
Aber auch Marina hat bislang keine Ambitionen gezeigt, in die Politik zu wechseln. Sie gilt als harte und führungsstarke Managerin, hält die Fininvest seit Jahren auf Erfolgskurs. Laut Bilanz vom 30. September 2022 hat die Fininvest im Vorjahr 3,8 Milliarden Euro umgesetzt, bei einem Nettogewinn von 360 Millionen.
Firmen-Anteile auf die Kinder verteilt
Zur Fininvest gehören außer dem Medienunternehmen MFE, das Verlagshaus Mondadori, die Bank Mediolanum mit Versicherungsunternehmen, der Fußballklub AC Monza, das Mailänder Theater Manzoni, die Immobiliengesellschaft Fininvest Real Estate &Services, aber auch das Flugunternehmen Alba Servizi Aerotrasporti, das die firmeneigenen drei Jets und einen Hubschauber verwaltet, sowie Anteile an den digitalen italienischen Finanzunternehmen Soldo und Satispay. Nach eigenen Angaben beschäftigen die Betriebe der Fininvest-Holding knapp 20.000 Menschen.
Was aus dem Berlusconi-Wirtschaftsimperium wird, dürfte nun die Entscheidung seiner Kinder sein. Bis zuletzt hat Silvio Berlusconi 61 Prozent der Fininvest in seiner Hand behalten. Jeweils 7,65 Prozent gehören Marina und Piersilvio (die aus Berlusconis erster Ehe mit Clara Dall’Oglio stammen). Die anderen Kinder Barbara, Elenora und Luigi (aus der Ehe mit Veronica Lario) sind über die Holding Quattrodicesima zusammen mit 21,42 Prozent an der Fininvest beteiligt.
Die Öffnung des Testaments wird spannend. Es wird erwartet, dass Silvio Berlusconi dort festgelegt hat, wie sein Fininvest-Besitz unter seinen Kindern aufgeteilt werden soll - und wer damit künftig welche Macht haben wird.