Treffen der EU-Innenminister in Brüssel Neue Standards für Luftfrachtkontrollen
Die EU-Innenminister haben sich für eine Verschärfung der Luftfrachtkontrollen ausgesprochen. So sollen bei Flughäfen außerhalb der EU neue Sicherheitsstandards definiert werden. Verkehrskommissar Kallas warnte aber vor Panikmache.
Von Birgit Schmeitzner, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Bundesinnenminister Thomas de Maizière war mit einem fünf-Punkte-Plan in das Treffen mit seinen europäischen Kollegen gegangen - und kam am Ende zufrieden aus der Sitzung. Er sprach von einer wichtigen Übereinstimmung unter anderem darüber, "dass wir uns in abgestimmter Weise insbesondere um die Zuverlässigkeit von Drittstaatenflughäfen kümmern, außerhalb der Europäischen Union". Gemeinsam solle eine Einigung über noch zu verabredenden Kriterien für deren Standards und die Folgen dieser Standards erzielt werden.
Die belgische Innenministerin Annemie Turtelboom, die das Treffen geleitet hatte, stellte sich hinter den deutschen Vorschlag. Auch sie sieht Klärungsbedarf, wie man mit Fracht aus Drittstaaten umgeht. Dabei denkt sie nicht nur an die USA sondern vor allem an einige afrikanische Staaten.
Warnung vor der Überreaktion
Eine Einschätzung, der sich EU-Verkehrskommissar Siim Kallas anschließt. Auch ihm ist wichtig, dass man den Umgang mit unsicheren Ländern neu definiert und dafür sorgt, dass zusätzlich kontrolliert und so der europäische Standard nicht unterlaufen wird. Der Kommissar warnte aber vor zu scharfen Regeln. Hundertprozentige Sicherheit gebe es nur, wenn man gar keine Luftfracht mehr zulasse, argumentierte er. Und überhaupt: Es gebe einen panischen Reflex, überzureagieren.
Kallas zufolge müsse man sich überlegen, wie viele gesammelte Informationen man überhaupt noch überblicken und richtig analysieren könne. Und auch die Unternehmen hat der Kommissar im Blick und mahnt: "Wir dürfen Fluglinien und Flughäfen nicht zu hohe Kosten aufbürden." Der trockene Kommentar des deutschen Innenministers dazu lautet: "Wenn es teurer wird, dann ist das eben so." Sicherheit gebe es nicht umsonst.
Luftfracht bald in der Verantwortung des Innenministeriums?
De Maizière zufolge soll nun eine hochrangige Expertengruppe die Details ausarbeiten, und zwar bis zum 2. Dezember. Dann treffen sich die EU-Verkehrsminister. Dabei dürfte auch das Thema Zuständigkeit zur Sprache kommen. Der Innenminister plädiert nämlich dafür, die Sicherheit der Luftfracht aus dem Verkehrsressort zu nehmen und den Innenministern zuzuschlagen: "Es gibt ein Wirrwarr und ein Nebeneinander bei den Zuständigkeiten. Das muss sich ändern."
Die Diskussion über Sicherheitslücken wurde ausgelöst durch eine Serie explosiver Frachtstücke: Ende Oktober waren Sprengstoffpakete aus dem Jemen aufgetaucht, die per Luftfracht an Synagogen in den USA geschickt werden sollten. Wenig später sorgten Briefbomben für Wirbel, die von Griechenland aus an mehrere Regierungschefs der EU geschickt wurden, eine davon auch an das Bundeskanzleramt.
Für die Kontrolle von Passagieren und deren Gepäck ist grundsätzlich die Bundespolizei zuständig. Ausweise und Pässe werden von Beamten kontrolliert. Bundespolizisten sind auch für alle Streifen zuständig, die zur Gefahrenabwehr für die Luftsicherheit dienen. Geht es um eine Anzeige wegen Diebstahls, wird die Landespolizei gerufen. Sie übernimmt auch Streifen außerhalb des Flughafenzauns.
Handgepäck, Passagiere und Reisegepäck kontrollieren hingegen Sicherheitsfirmen im Auftrag und unter Aufsicht der Bundespolizei. Wird Verdächtiges gefunden, werden Polizisten zur Hilfe gerufen. Auf großen Flughäfen stehen ohnehin meistens Beamte in der Nähe.
Für die Luftfracht sind die Fluggesellschaften zuständig - egal ob in Fracht- oder Passagiermaschinen. Beaufsichtigt werden sie vom Luftfahrtbundesamt, das dem Verkehrsministerium untersteht. Transportunternehmen mit einer bestimmten Lizenz ist es nach Angaben aus der Branche in Deutschland gestattet, Fracht von ihrer Niederlassung ohne zusätzliche Kontrollen zum Flugzeug zu liefern. Dies soll sich aber ändern. Nach Angaben aus dem Verkehrsministerium müssen rund 25.000 Unternehmen in Deutschland bis Anfang 2013 Sicherheitsprogramme vorlegen, die eine sichere Lieferkette garantieren.