Großbritanniens Premier vor dem EU-Gipfel Hinterzimmer oder Handtasche?
Der Briten-Rabatt muss bleiben - daran ließ Großbritanniens Premier Cameron vor dem EU-Gipfel keinen Zweifel. Dabei tritt er so unerbittlich auf, wie einst Margret Thatcher mit ihrer so genannten Handtaschenpolitik. Doch einen EU-Austritt will Cameron vermeiden. Wenn heute Abend in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU zusammensitzen, braucht er also Verhandlungspartner.
Von Gabi Biesinger, SWR-Hörfunkstudio London
"Ich bin darauf vorbereitet, ein Veto einzulegen, wenn beim EU-Gipfel in Brüssel gegen britische Interessen entschieden wird!" - seit Wochen wiederholt Großbritanniens Premierminister David Cameron seine Warnung, gegen den mehrjährigen EU-Haushalt zu stimmen.
Auch kurz vor Gipfelbeginn zeigte sich Cameron noch einmal kämpferisch: "Ich bin überhaupt nicht zufrieden. Wenn wir zu Hause den Rotstift ansetzen, können wir hier nicht mehr Geld ausgeben. Ich will einen guten Deal für die Steuerzahler in England und ganz Europa und ich will den Briten-Rabatt behalten."
Cameron will also auf dem 1984 von Margret Thatcher ausgehandelten Britenrabatt beharren. Damals konnte Thatcher eine Beitragsreduktion erreichen, weil Großbritannien mit seinem schmalen Agrarsektor unterdurchschnittlich von den EU-Agrarsubventionen profitierte. Außerdem fordert Cameron, dass der EU-Haushalt für die Jahre 2014 bis 2020 eingefroren und lediglich um den Inflationsausgleich aufgestockt wird.
Handtasche schleudern und "No" sagen!
Auftreten wie Thatcher mit ihrer legendären Handtaschen-Politik - das hat auch Boris Johnson, der populäre Londoner Bürgermeister seinem Parteikollegen und -rivalen Cameron mit auf den Weg gegeben: Handtasche über dem Kopf schleudern, sie krachend auf den Tisch hauen und so lange "No", "Non" und "Nein" sagen, bis sie es begreifen, empfiehlt Johnson.
In Großbritannien warten viele auf die große Cameron-Show in Brüssel. In seiner Heimat muss der Premierminister Unerbittlichkeit demonstrieren. Die Hardliner und Euroskeptiker in der eigenen Partei setzen ihn unter enormen Druck. In einer Parlamentsabstimmung Ende Oktober waren sie ihm in den Rücken gefallen, und schickten ihn mit der Forderung nach Haushaltskürzungen nach Brüssel.
Cameron muss sein Gesicht wahren
Die innenpolitische Lage in Sachen Europa ist wirklich brenzlig für Cameron und er muss aus Brüssel starke Signale nach London schicken. Der Ausstieg aus der EU ist in Großbritannien kein Tabu mehr, ein Referendum zu dieser Frage hängt wie ein Damokles-Schwert über Cameron, der in der EU bleiben möchte. Die Frage ist nun, ob Cameron in Brüssel hinter verschlossenen Türen mit den anderen Geberländern, die gar nicht so weit von der britischen Position entfernt liegen, einen Deal finden kann, mit dem er in London sein Gesicht wahren und die Euroskeptiker in Schach halten kann.
Denn auch wenn die Euro-Skeptiker in Großbritannien häufig so tun, als wenn sie auf ihrer Insel glückselig ohne Europa besser dran wären: Das wirtschaftliche Schicksal Großbritanniens stehe und falle mit der Eurozone, und darum wäre es falsch, sich aus der EU zurückzuziehen, erklärte Chris Williamson, Chefökonom beim Finanzinformationsdienst Markit seinen Landsleuten in der BBC: "Die Hälfte unserer Exporte geht in die Eurozone. Wenn die Probleme haben, haben wir sie auch."