EU-Gipfel zur Haushaltsplanung Vor dem großen Feilschen
Notfalls wollen die Staats- und Regierungschefs bis zum Wochenende durchverhandeln: Es geht schließlich um rund eine Billion Euro. Beziehungsweise ein paar Euro mehr oder weniger - je nachdem, wer sich am Ende durchsetzt.
Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Diplomaten und Politiker in Brüssel sind lange Gipfel gewohnt. Und auch das Feilschen um Milliarden ist nichts Außergewöhnliches. Doch von heute an geht es um eine Billion Euro und Ratspräsident Herman Van Rompuy will zur Not bis Sonntag durchverhandeln. Die Stimmung ist angespannt.
Zwar sagte der finnische Europaminister Alexander Stubb nach einem Vorbereitungstreffen am Dienstag: "Die Atmosphäre gestern war nicht militant. Deswegen bin ich ein bisschen hoffnungsvoll." Doch das ist Galgenhumor. Denn die Positionen sind so verhärtet, dass eine Einigung einem Wunder gliche. Der Vorschlag auf dem Tisch sieht 1010 Milliarden Euro für die Jahre 2014 bis 2020 vor. Dieser Kompromiss von Ratspräsident Van Rompuy beinhaltet schon Kürzungen.
Die Briten wollen Kürzungen ...
Doch vielen Ländern reicht das nicht, allen voran Großbritannien: Es sei nicht akzeptabel, Zuwächse bei den Ausgaben zu verabschieden, wenn nationale Haushalte zusammen gestrichen werden, sagt Premierminister David Cameron. Er droht offen mit einem Veto, wenn der mehrjährige Finanzrahmen nicht deutlich niedriger ausfällt.
Auch andere Nettozahler wollen weniger ausgeben, aber ihre Forderungen gehen nicht so weit wie die der Briten. Zu dieser Gruppe zählen Schweden, Finnland, Österreich, die Niederlande und Deutschland. "Der jetzt auf dem Tisch liegende letzte Vorschlag von Van Rompuy ist aus unserer Sicht immer noch zu hoch bezüglich der Gesamtzahlungen", erläutert der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Link. "Wir sind der Meinung, dass hier noch Kürzungspotenzial drin ist, was wir auch erwarten", so der FDP-Politiker. Außerdem verlangt die Bundesregierung mehr Kontrolle bei den Ausgaben und eine klügere Ausgabenpolitik.
Am Verhandlungstisch nehmen dann noch die Vertreter von 15 Staaten Platz, die sich "Freunde der Kohäsionspolitik" nennen. Diese Länder profitieren besonders von der EU-Regionenförderung. Zu dieser Gruppe gehören zum Beispiel Polen, Tschechien, die baltischen Staaten, Spanien, Portugal und Griechenland.
... die Deutschen fordern Rabatt
Doch es gibt noch eine dritte Dimension im Streit ums Geld: Rabatte. Den Briten-Rabatt kennt jeder, doch auch andere Länder genießen Vergünstigungen. Staatsminister Link sagt dazu: "Klar ist für uns, dass wir solidarisch sind, wir stehen auch zum EU-Budget. Aber wir stehen auch dazu und wir fordern selbstverständlich, dass es auch für uns einen fairen Beitrag gibt, der nicht durch die Decke gehen kann. Link fordert für Deutschland "eine klare Beitragskorrektur".
Viele Forderungen liegen da auf dem Tisch, trotzdem müssen die Staats- und Regierungschefs sich einigen. Es gilt Einstimmigkeit. Manch eine zweifelt da schon an der Machbarkeit. Notfalls müsse man sich dann eben Anfang des nächsten Jahres noch einmal treffen, sagt etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel.