Bundesregierung verfehlt Ziel Entwicklungshilfe an ärmste Länder erneut gesunken
Laut Koalitionsvertrag wollte die Regierung mehr Geld in die Entwicklungshilfe der ärmsten Länder stecken. Nun sind die Ausgaben erneut gesunken. Wegen des Streits um den Haushalt könnte es noch weniger werden.
Die deutsche Entwicklungshilfe für die ärmsten Länder der Welt ist zuletzt erneut leicht gesunken. Laut den aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2022 kamen der Gruppe der wirtschaftlich besonders schwachen Entwicklungsländer rund 4,8 Milliarden Euro zugute. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine mündliche Frage der Linken-Bundestagsabgeordneten Cornelia Möhring hervor, die dem Evangelischen Pressedienst vorliegt. Die Summe entsprach den Angaben zufolge 0,12 Prozent des Bruttonationaleinkommens.
Das Bruttonationaleinkommen (BNE) erfasst alle Einkommen von Inländern und ansässigen Wirtschaftseinheiten, ganz unabhängig davon, ob dieses Einkommen im Inland erzielt wurde oder aus dem Ausland zufließt. Dies ist der hauptsächliche Unterschied zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), für das der Ort der Güterherstellung und somit das Inlandsprinzip maßgeblich ist. Als Inländer gelten in diesem Zusammenhang - unabhängig von ihrer Nationalität - alle Personen und Einheiten, deren Wohnsitz oder Schwerpunkt des wirtschaftlichen Interesses im Wirtschaftsgebiet liegen.
Im Jahr 2021 hatte Deutschland noch mehr als 5,1 Milliarden Euro an diese Länder gegeben, was 0,14 Prozent des Bruttonationaleinkommens entsprach. Für das vergangene Jahr 2023 liegen noch keine Zahlen vor.
Ziel der Koalition verfehlt
Eigentlich hatten sich SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag darauf geeinigt jährlich 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung an die ärmsten Länder der Welt zu geben. Dieses Ziel hat die Ampelkoalition verfehlt. Möhring sprach von einem "dauerhaften Wortbruch", weil Deutschland das 0,2-Prozent-Ziel noch nie erfüllt habe.
Die ärmsten Länder werden von den UN als "Least Developed Countries" (LDC) bezeichnet. Der Gruppe gehören derzeit 45 Länder an, davon liegen 33 in Afrika. Maßgeblich sind ein geringes Wirtschaftseinkommen sowie andere Faktoren wie die Kindersterblichkeit.
Aktuelle Debatte über den Haushalt
In der Debatte über den Bundeshaushalt 2025 hatte Bundesfinanzminister Lindner einen rigorosen Sparkurs gefordert und unter anderem das Entwicklungsministerium aufgefordert, seine Ausgabenpolitik zu überprüfen. Man müsse dort über Zielgenauigkeit und Umfang sprechen. Die Linken-Politikerin Möhring kritisierte diese Kürzungsvorschläge. Diese seien ein "populistischer Taschenspielertrick auf Kosten der Schwächsten", sagte sie.
Das Entwicklungsministerium hat für 2025 Bedarfe in Höhe von 12,16 Milliarden Euro angemeldet. Das Finanzministerium hatte ursprünglich 9,9 Milliarden Euro vorgesehen. Bereits für den Haushalt 2024 war das Budget für das Bundesentwicklungsministerium und die humanitäre Hilfe im Vergleich zum Vorjahr gekürzt worden.
Die Entwicklungshilfe an die ärmsten Länder der Welt ist nur ein Teil der gesamten Entwicklungshilfe, die Deutschland leistet. Insgesamt will die Ampel laut Koalitionsvertrag 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts in die Entwicklungshilfe stecken. Dieses Ziel hat die Regierung 2022 laut dem Statistischen Bundesamt erreicht.