Ein Mann hält EU-Fähnchen
Kommentar

Vorschlag von Merkel und Macron Mutig am Abgrund

Stand: 18.05.2020 20:52 Uhr

Einen Vorschlag wie von Merkel und Macron für den Wiederaufbaufonds hatte kaum noch jemand erwartet. Manchmal braucht man den Druck einer existenziellen Krise, um mutige Schritte zu gehen.

Ein Kommentar von Tina Hassel, ARD Berlin

Der gemeinsame Blick in den Abgrund kann manchmal sogar mutig machen. Und mutige Antworten braucht die EU jetzt, denn sie steht vor der größten Herausforderung ihrer Geschichte. Es ist keine Zeit mehr für das übliche Feilschen zwischen Nord und Süd, zwischen Sparsamen und Ausgabefreudigen. Es muss gehandelt werden - schnell und solidarisch.

Zu tief sind die Risse schon, die Corona in Europa hinterlassen hat. Wenn sich Deutschland und Frankreich selbst jetzt nicht geeinigt hätten, wann dann? Ja, vieles bleibt vage. Und richtig, nur weil sich zwei verständigen, müssen nicht alle mitziehen. Ein einziger gesenkter Daumen, in einem einzigen Mitgliedsstaat - und der Wiederaufbaufonds ist geplatzt.

Anders - und besser

Sollte man sich aber zusammenraufen, dann würde ein anderes Europa beginnen! Ein besseres. Gemeinsame Anleihen, aber keine Vergemeinschaftung von Schulden. Zu Gunsten der besonders Betroffenen - aber zurückgezahlt von Allen, nach dem jeweils gültigen EU-Haushaltsschlüssel. Das wäre ein echter Paradigmenwechsel.

Woher also der plötzliche Mut? Nun, auch aus Eigennutz. Ein zusammenbrechender Binnenmarkt wäre auch und vor allem für Deutschland ein riesiges Problem. Wie sollten deutsche Unternehmen wieder auf die Beine kommen, wenn die europäischen Nachbarn am Boden liegen? Ohne Mittel, weiterhin deutsche Produkte zu importieren? Deshalb hatten wichtige Wirtschaftsvertreter hinter den Kulissen interveniert - gerade bei der Union.

Nicht mehr hinter der EZB vestecken

Und sich allein auf die EZB und ihre "Bazooka" zu verlassen, funktioniert nicht mehr. Das hat erst das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Anleihenkäufen klargestellt. Nein, jetzt ist mutige Politik gefragt. Schnelle, solidarische Antworten in dieser Ausnahmesituation. Und kein Wegducken vor antieuropäischen Kräften, egal wie laut sie trommeln.

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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 18. Mai 2020 um 22:35 Uhr.