Britischer Premier unter Druck Der Aufstand der EU-Skeptiker
Premier Cameron hat zwar versprochen, dass die Briten 2017 in einem Referendum über den Verbleib ihres Landes in der EU abstimmen sollen. Doch seiner Tory-Partei reicht dies nicht. Wie andere euroskeptische Abgeordnete wollen sie die Zusage in ein Gesetz meißeln. Über einen Entwurf soll heute abgestimmt werden.
Die allwöchentliche Fragestunde im Londoner Unterhaus - die "prime minister's question time" - findet heute ohne den Premierminister statt, denn David Cameron kommt erst später von seiner USA-Reise zurück.
So erspart er sich eine unangenehme parlamentarische Debatte. Denn auf der Tagesordnung steht die Abstimmung über die "Queen's speech" - jenes Paket von Gesetzesvorhaben der konservativ-liberalen Regierung für die kommenden Monate, das die Monarchin vor einer Woche vor beiden Parlamentskammern vorgetragen hat.
Was darin jedoch fehlt, ist ein Gesetz über ein EU-Referendum. Und genau darüber regen sich viele Tory-Abgeordnete - wie der Hardliner John Baron - auf: "Ein Versprechen reicht nicht. Wir brauchen schon jetzt ein Gesetz dazu, damit wir der britischen Öffentlichkeit klarmachen können: Es ist uns ernst mit einem Referendum."
Trauen viele Parlamentarier ihrem Premier nicht?
Offenbar trauen bis zu 100 Parlamentarier ihrem eigenen Premier nicht, dass er sein Versprechen einlöst. "Vor Ende des Jahres 2017", das wiederholt Cameron inzwischen beinahe täglich, "dürfen die Briten abstimmen." Drinbleiben in der EU oder den Club verlassen?
Die abtrünnigen Konservativen aber könnten heute in einem Akt offener Rebellion dafür stimmen, das Programm der eigenen Regierung um das geforderte Referendumsgesetz zu ergänzen. Damit die innerparteilichen Kritiker keine parlamentarische Mehrheit zustande bringen, ist Cameron auf seinen liberaldemokratischen, EU-freundlichen Koalitionspartner angewiesen - und auch auf die Labour-Opposition.
Bei jetzigem Votum: Austritt
Um seine aufmüpfigen Hinterbänkler zu beruhigen, will der Regierungs- und Parteichef ihnen jetzt einen eigenen Gesetzentwurf erlauben. Die Tories seien die einzige Mainstream-Partei, die eine solche Volksabstimmung verspreche, assistiert ihm Außenminister William Hague.
Der jahrzehntealte, immer wieder aufflammende Tory-Streit über Europa spitzt sich seit Tagen zu, nachdem auch zwei amtierende Minister verkündet hatten: Gäbe es jetzt ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens, dann würden sie für einen Austritt votieren.
Cameron setzt auf Reformen in der EU
Cameron dagegen setzt auf erfolgreiche Verhandlungen über eine Reform der EU: "Eine flexiblere und wettbewerbsfähigere EU ist im Interesse Großbritanniens - und auch erreichbar", zeigt sich der Premier optimistisch und hofft im Stillen auf Zugeständnisse der Deutschen in diesen Verhandlungen.
Cameron ist zuhause so sehr unter Druck geraten, dass sogar US-Präsident Barack Obama seinem wichtigsten Partner in Europa - bei dessen Washington-Besuch - öffentlich zur Seite sprang: "Bevor man eine Beziehung beendet, ist es doch vernünftig, zu versuchen, sie zu reparieren."
Doch die Worte des großen Bruders kümmern die Europa-spektischen bis -feindlichen Konservativen auf der Insel kaum. Vorerst kann ihr Premierminister nur eines: gute Miene zum bösen Spiel machen.