Gerettete Bootsflüchtlinge EU lockt mit Geld für Asylzentren
Schon Ende Juni hat sich die EU auf Aufnahmezentren für Bootsflüchtlinge geeinigt. Noch ist unklar wo. Jetzt bietet die EU-Kommission eine Entscheidungshilfe an: Geld.
Der Zeitpunkt ist kein Zufall: Die EU-Kommission will mit ihren Vorschlägen den schwelenden Streit zwischen Italien und den anderen Einzelstaaten um die Aufnahme von Bootsflüchtlingen entschärfen. Wichtigster Köder Brüssels für die EU-Staaten ist dabei das Geld: Alle entstehenden Kosten bei der Einrichtung von Aufnahmezentren für die aus Seenot Geretteten sollen vom EU-Haushalt übernommen werden. So steht es in den nun in Brüssel vorgelegten Papieren.
Und auch sonst will die EU-Kommission die Einzelstaaten in dieser Frage nicht alleine lassen. EU-Kommissionssprecherin Natasha Bertaud kündigte an, dass speziell jenen Mitgliedsstaaten, die ihre Häfen öffnen, praktische Hilfe zur Verfügung gestellt werde: "Mit Anlandeteams des EU-Grenzschutzes, mit Asylexperten, Sicherheitskontrollpersonal und Rückführungsbeamten." Auch hier gelte: "Alle Kosten werden vom EU-Budget gedeckt."
Flüchtlingsboot im Mittelmeer: Die Pläne für die neuen Aufnahmezentren nehmen Gestalt an.
Finanzielle Anreize
In den Flüchtlingszentren soll zügig darüber entschieden werden, ob ein Geretteter in der Tat schutzbedürftig ist oder aus wirtschaftlichen Gründen seine Heimat verlassen hat und zurück geschickt werden soll. Auch bei der Verteilung jener, die einen Anspruch auf Asyl haben, winkt die EU-Kommission mit finanziellen Anreizen: pro Flüchtling, den ein Einzelstaat aufnimmt, soll das Land 6000 Euro erhalten.
Grundsätzlich hatte sich bereits der EU-Gipfel Ende Juni auf die Einrichtung sogenannter kontrollierter Zentren geeinigt. Nun macht die Kommission mit der konkreten Ausgestaltung ernst. Auch wenn bislang unklar ist, in welchen Staaten diese Zentren entstehen werden. Denn die Errichtung ist freiwillig.
Morgen treffen sich die Vertreter der Einzelstaaten, um über die Kommissionsvorschläge zu beraten. Brüssel wünscht sich rasch den Start einer Pilotphase in einem EU-Land. Wo genau dies aber stattfinden soll, sei Sache der Einzelstaaten, erklärte eine Kommissionssprecherin.
Die große Frage lautet nun, ob diese neuen Vorschläge den - bestenfalls aufgeschobenen - Streit innerhalb der EU um die vor dem Ertrinken Geretteten abzumildern vermag: Die Rechtsregierung in Italien ist auf einen harten Kurs eingeschwenkt und hat sogar die EU-Marine-Mission "Sophia" im Mittelmeer an den Rand des Scheiterns gebracht. Nur unter der Bedingung, dass die Mission innerhalb von fünf Wochen neu ausgerichtet werde, hatte sich Rom dazu bereit erklärt, weiter "Sophia"-Schiffe in italienische Häfen zu lassen. Vorerst.
Salvinis Reaktion
Ermutigend für Brüssel klingt die erste Reaktion von Italiens Innenminister Matteo Salvini nicht: "Wenn sie irgendjemand anderem Geld geben wollen, sollen sie das tun - wir brauchen keine Almosen", erklärte der Lega-Chef.
Dabei dürfte die Kommission insbesondere an eine Entlastung Italiens gedacht haben, als sie ihre neuen Papiere vorstellte: "Sie sollen dazu beitragen, dass wir einen gemeinsamen Ansatz zur Lösung komplizierter Migrationsfragen haben", sagt die Kommissionssprecherin Natasha Bertaud.
Nicht nur mit geplanten Flüchtlingszentren in der EU befassen sich die Vorschläge, sondern auch mit solchen, die man außerhalb der Europäischen Union, etwa in Nordafrika, einrichten will.
Doch hier ist man mit den Planungen noch nicht sehr weit: Erste Ideen werden präsentiert, wie man verhindern will, dass diese Zentren als Anreiz für Migranten dienen können, sich überhaupt erst auf die Reise zu machen. Doch ein Staat, der eine solche "Plattform", wie sie im Fachjargon heißt, beherbergen will, ist noch nicht einmal gefunden.