Militäreinsatz im Gazastreifen Israel bestätigt Tod von Hamas-Chef Sinwar
Er galt als Drahtzieher des Massakers vom 7. Oktober: Nun hat das israelische Militär den Anführer der Hamas-Miliz Sinwar bei einem Einsatz im Gazastreifen getötet. Israels Premier Netanyahu spricht vom "Niedergang der Herrschaft des Bösen".
Der Chef der militant-islamistischen Hamas ist tot. Der "Massenmörder Jihia Sinwar, der für das Massaker und die Gräueltaten vom 7. Oktober verantwortlich war", sei bei einem Einsatz des israelischen Militärs im Gazastreifen getötet worden, bestätigte der israelische Außenministers Israel Katz.
"Dies ist eine große militärische und moralische Errungenschaft für Israel und ein Sieg für die ganze freie Welt gegenüber der Achse des Bösen des radikalen Islam, die vom Iran angeführt wird", sagte Katz. Mit seiner Tötung entstehe die Möglichkeit einer sofortigen Freilassung der israelischen Geiseln, die sich nach wie vor in der Gewalt der Terrormiliz befinden sollen.
Auch der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu begrüßte die Tötung des Hamas-Chefs als wichtigen Meilenstein. Er wertete Sinwars Tod als Zeichen für "den Niedergang der Herrschaft des Bösen von Hamas" im Gazastreifen. An die Einwohner des Küstenstreifens gewandt sagte Netanyahu in einer Videobotschaft: "Sinwar hat euer Leben zerstört. Er hat euch erzählt, er sei ein Löwe, aber in Wirklichkeit hat er sich in einer dunklen Höhle versteckt - und er wurde eliminiert, als er voller Angst vor unseren Soldaten weglief."
Identifizierung per DNA-Abgleich
Zunächst hatte Israels Armee mitgeteilt, dass bei einem Einsatz im südlichen Gazastreifen drei Extremisten ums Leben gekommen seien, deren Identität geprüft werde. Die Identifizierung erfolgte offenbar durch einen DNA-Test und einen Zahnabgleich.
Bei Massaker 1.200 Menschen getötet
Sinwar hatte eine 22-jährige Haft in Israel verbüßt, bis er 2011 bei einem Gefangenenaustausch freikam. Während dieser Zeit war er auch wegen eines Hirntumors behandelt worden, daher gibt es in Israel medizinische Akten über ihn. Die Hamas hatte Sinwar erst im August zu ihrem politischen Anführer ernannt, nachdem der bisherige Chef der Miliz, Ismail Hanija, bei einem Angriff in Teheran getötet worden war.
Sinwar gilt als Drahtzieher des Massakers der Hamas vom 7. Oktober 2023 in Israel, bei dem etwa 1.200 Menschen getötet und etwa weitere 250 als Geiseln verschleppt worden waren. In einer Rede im Jahr 2022 hatte Sinwar geschworen, eine Flut von Kämpfern und Raketen nach Israel zu senden. Er trat kompromisslos für die Gründung eines Staates Palästina und die Vernichtung Israels ein.
Sein Tod könnte die ohnehin angespannte Lage in der Region weiter anheizen. Nach Angaben aus Kreisen der Hamas war Sinwar die entscheidende Person auch bei den bislang gescheiterten Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung der israelischen Geiseln.
Israel bezeichnete ihn als "das Gesicht des Bösen". Seit dem 7. Oktober 2023 wurde er nicht mehr öffentlich gesehen.
Aufruf zu Demos für Waffenruhe-Abkommen
Sinwars Tod war laut ARD-Korrespondent Limpert ein wichtiges Ziel Israels - das nun erreicht sei. Nach den Meldungen über Sinwars Tod riefen deswegen Angehörige der israelischen Geiseln zu einer Demo für neue Gespräche über eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas auf. Es müsse nun ein neues Angebot gemacht werden, forderten sie.
Israel hat bereits mehrere Kommandeure der Hamas im Gazastreifen und der radikal-islamischen Hisbollah im Libanon getötet, darunter deren langjährigen Anführer Hassan Nasrallah.
Christian Limpert, ARD Tel Aviv, und Tina Hassel, ARD Brüssel, mit Reaktionen auf die Tötung Sinwars
Rutte: Ich werde ihn nicht vermissen
Sowohl US-Präsident Joe Biden als auch seine Vize Kamala Harris begrüßten die Nachricht vom Tod des Hamas-Chefs. Der Gerechtigkeit sei Genüge getan worden, sagte Harris. Durch den Tod Sinwars entstehe die Möglichkeit, den Krieg im Gazastreifen zu beenden. Biden sprach von einem "guten Tag - für Israel, für die USA, für die Welt" und zeigte sich ebenfalls überzeugt, nun böte sich für den Gazastreifen die Chance auf eine Zukunft ohne die Herrschaft der Hamas. Biden telefonierte noch am Donnerstag mit Netanyahu. Laut Biden sollte das Gespräch dazu dienen, Wege zu besprechen, die verbliebenen Hamas-Geiseln zu befreien und den Krieg in Gaza zu beenden.
Auch NATO-Generalsekretär Mark Rutte sieht keinen Grund, den Tod Sinwars zu bedauern. Sinwar werde als der Architekt der Terroranschläge auf Israel am 7. Oktober 2023 angesehen, sagte er. Wenn er gestorben sein sollte, werde er persönlich ihn nicht vermissen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat nach dem Tod des Hamas-Chefs Jihia Sinwar betont, dass dieser "schlimmste Verbrechen" begangen habe. Sinwar sei verantwortlich für den «"furchtbaren, brutalen, menschenverachtenden Angriff der Hamas auf israelische Bürgerinnen und Bürger, die getötet, vergewaltigt und auf schlimmste Weise menschlich erniedrigt worden sind", sagte der SPD-Politiker nach einem Treffen mit den Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel.
Außenministerin Annalena Baerbock bezeichnete Sinwar als brutalen Mörder und Terroristen, der Israel und seine Menschen vernichten wollte. Als Drahtzieher des Terrors am 7. Oktober brachte er Tausenden Menschen den Tod und unermessliches Leid über eine ganze Region, sagte Baerbock und forderte von der Hamas die Freilassung aller Geiseln und die Niederlegung der Waffen.