Nach Blasphemie-Vorwurf Mann in Pakistan auf offener Straße ermordet
In Pakistan ist ein Mann auf offener Straße von einer Menschenmenge verprügelt und angezündet worden - weil er zuvor einen Koran verbrannt haben soll. Es ist nicht der erste Lynchmord nach Blasphemie-Vorwürfen in dem Land.
Eine aufgebrachte Menschenmenge hat in Pakistan einen Mann, der einen Koran verbrannt haben soll, aus einer Polizeiwache verschleppt und getötet. Die Angreifer hätten auch das Revier in Madyan, einer Ortschaft in der nordwestlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa, sowie mehrere Polizeifahrzeuge in Brand gesetzt, teilte die Polizei mit.
Der Getötete war demnach ein Tourist aus der Provinz Punjab im Osten des Landes, der in einem Hotel untergekommen war, als Einheimische ihn attackierten und der Blasphemie beschuldigten. Polizeibeamte hätten den Mann zu seinem Schutz auf die Wache gebracht. Eine Menge aus Hunderten von Männern, die von örtlichen Moscheen angestachelt worden seien, habe ihn jedoch verfolgt und das Polizeirevier gestürmt, wo sie den 45-jährigen Mann mit Steinen beworfen habe.
Polizei ermittelt
Von der Polizei abgegebene Warnschüsse hätten die Menschenmenge nur weiter aufgestachelt, hieß es weiter. Der Mob habe die Polizisten überwältigt, den Mann hinausgezerrt und mit Stöcken auf ihn eingeschlagen. Später hätten sie seinen Körper mit Öl übergossen und ihn angezündet.
Wie das Opfer genau zu Tode kam, ist unklar. Videos in den sozialen Medien zeigen eine Menschenmenge, die sich um einen leblosen, brennenden Körper versammelte. Die Behörden ermittelten zu dem Vorfall, Festnahmen gab es nach Angaben der Nachrichtenagentur AP bisher nicht.
Letzter Mord erst vor einigen Wochen
Vorfälle wie diese sind in Pakistan keine Seltenheit. Erst im vergangenen Monat wurde ein Christ, der beschuldigt wurde, Seiten aus dem Koran entweiht zu haben, in der ostpakistanischen Provinz Punjab von einem Mob angegriffen. Der 72-Jährige verstarb später im Krankenhaus.
Ebenfalls im Punjab hatte eine Menschenmenge im Februar 2023 einen Muslim totgeschlagen, der beschuldigt wurde, den Koran geschändet zu haben. Für landesweite Empörung sorgte im August vergangenen Jahres ein Angriff auf ein christliches Viertel in der pakistanischen Stadt Jaranwala.
Geringster Verdacht reicht für Aufruhr
Der Vorwurf der "Gotteslästerung" ist im mehrheitlich muslimischen Pakistan ein äußerst heikles Thema. Blasphemische Vergehen können mit der Todesstrafe geahndet werden, die bislang jedoch noch nie vollstreckt wurde. Allerdings kann selbst der geringste Verdacht auf eine Beleidigung des Islam Proteste auslösen und zu Lynchmorden führen.
Nach Angaben von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen wird der Vorwurf auch häufig benutzt, um religiöse Minderheiten einzuschüchtern oder persönliche Rechnungen zu begleichen.