Nach Parlamentswahl Shehbaz Sharif ist neuer alter Premier Pakistans
In Pakistan tritt mit Shehbaz Sharif wieder ein Vertreter einer Polit-Dynastie an die Staatsspitze. Die Entscheidung für den 72-Jährigen ist eine weitere Überraschung nach der umstrittenen Parlamentswahl vor drei Wochen.
Das Parlament in Pakistan hat den ehemaligen Premierminister Shehbaz Sharif zum neuen Regierungschef gewählt. "Shehbaz Sharif ist der erklärte Premierminister Pakistans", sagte der Sprecher der Nationalversammlung im Fernsehen. Sharif setzte sich mit 201 zu 92 Stimmen gegen seinen Rivalen Omar Ayoub Khan durch, der vom inhaftierten Ex-Premier Imran Khan und dessen Oppositionspartei PTI gestützt wurde.
Sharifs Partei, die Muslimliga PML-N, führt eine Koalition mit der Volkspartei PPP um Ex-Außenminister Bilawal Bhutto Zardari und mehreren Kleinparteien an. Der Amtsantritt des 72-jährigen, der das Amt bereits zwischen April 2022 und August 2023 bekleidet hatte, stellt eine weitere Überraschung seit der Parlamentswahl am 8. Februar in dem Land dar.
Polit-Dynastien wechseln sich ab
Bei der von Manipulationsvorwürfen und Internetsperren überschatteten Abstimmung war für die Muslimliga PML-N sein älterer Bruder Nawaz Sharif als Spitzenkandidat angetreten. Der lehnte das Amt jedoch ab, nachdem die PML-N bei der Parlamentswahl eine Mehrheit verfehlte und nicht ohne Koalitionspartner regieren kann. Mit dem Amtsantritt des jüngeren Sharif-Bruders tritt erneut ein Vertreter von Pakistans Polit-Dynastien an die Spitze der Atommacht.
In der bald 77-jährigen Geschichte des südasiatischen Landes wechselten sich meist die zwei Familien der Sharifs und der Bhuttos von der PPP ab - wenn sie nicht gerade durch das Militär von der Macht geputscht wurden. Eine Ausnahme stellt der ehemalige Premierminister Khan dar, der im April 2022 vorzeitig seines Amtes entlassen wurde. Seine Oppositionspartei PTI durfte bei den jüngsten Parlamentswahlen nicht antreten. Unabhängige Kandidaten, größtenteils mit Verbindungen zur PTI, wurden nun jedoch überraschenderweise stärkste Kraft und stellten Pakistan vor eine schwierige Regierungsbildung.
Schwere Wirtschaftskrise
Auf den künftigen Regierungschef warten diverse Herausforderungen: Pakistan leidet unter Terroranschlägen und zunehmend unter den Folgen des Klimawandels. Zudem steckt das Land in einer schweren Wirtschaftskrise, die Inflation liegt bei fast 30 Prozent.
Vor allem muss Sharif jedoch eine tiefe Kluft zwischen Politik und Wählern in dem Land mit mehr als 240 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern überwinden. In mehreren großen Städten des Landes gingen Anhänger der PTI erneut auf die Straße, um gegen die Ergebnisse der Parlamentswahl zu demonstrieren.
Anhängerinnen Imran Khans am Samstag in Karachi.
Macht des Militärs
Wie lange Sharif an der Staatsspitze bleibt, dürfte in den kommenden Jahren auch von seinem Verhältnis zu den mächtigen Generälen des Landes abhängen. Bisher hat kein Premier in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit beenden können.
Das Militär gilt dabei als entscheidend für den Fall und Aufstieg von Politikern. Ein enger Vertrauter Sharifs glaubt, dass ohnehin sein älterer Bruder im Hintergrund maßgeblichen Einfluss üben wird. "Nawaz Sharif ist derjenige, der das Sagen haben wird."