Russland und Nordkorea Bruderhilfe beim Wiederaufbau in der Ukraine?
Schickt Nordkorea Soldaten, um Putin beim Wiederaufbau in den besetzten Gebieten zu helfen? Noch sind es nur Gerüchte. Aber sind die wirklich so unwahrscheinlich?
Pjöngjang Mitte Juni. Russlands Präsident Wladimir Putin wird mit allem Zipp und Zapp vom nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un empfangen. Am Schluss unterzeichnen die Regierungen eine gemeinsame Vereinbarung, die die meisten Beobachter überrascht. Darin versichern beide Seiten, dem anderen im Falle eines Angriffes zu Hilfe zu eilen.
Dieser Fall ist zwar noch nicht eingetroffen, aber Russland braucht dringend Arbeitskräfte - und die will Kim laut südkoreanischen Medienberichten nun auch irgendwann liefern. Es könnten Bauarbeiter und Ingenieure sein, aber auch Soldaten, die in besetzten Gebieten in der Ukraine aufbauen sollen, was zerstört wurde.
"Das ist gefährlich"
Fyodor Tertitskiy ist einer der besten Kenner der nordkoreanischen Armee und forscht an der Kookmin-Universität in Seoul. Er hat von einer möglichen Truppenentsendung gehört. "Normalerweise schickt Nordkorea überhaupt keine Soldaten ins Ausland und wenn, dann nur eine kleine Anzahl", sagt er.
Ausnahmen seien etwa Piloten für den Vietnamkrieg, Ausbilder für Simbabwe und einige wenige für Syrien gewesen. "Ganze Einheiten ins Ausland zu entsenden, wäre aus einem einfachen Grund etwas völlig Neues. Das ist gefährlich."
"Dinge, die sie nicht sehen sollten"
Denn zwei Dinge will Nordkorea auf keinen Fall: Einblicke in sein Land geben, wie jetzt kurioserweise im Kleinen durch die unzähligen mit Müll und Fäkalien gefüllten Ballons, die es in den Süden geschickt hat. Und zum zweiten: "Soldaten im Ausland sehen Dinge, die sie nicht sehen sollen. Sie könnten anfangen in eine Richtung zu denken, die der Regierung nicht recht ist."
Schließlich kommen die Menschen aus einem völlig abgeschotteten Land und in dieser "künstlichen Welt" sollen sie nach den Vorstellungen von Kim Jong Un auch bleiben, sagt Tertitskiy, der unter anderem über die nordkoreanische Armee ein Buch geschrieben hat. Zugleich räumt er ein: Es seien zuletzt so viele Dinge passiert, dass er sich mit Prognosen lieber zurückhalte.
Devisen im Austausch?
In der russischen Elite gebe es auf jeden Fall einen Konsens, dass das Land nordkoreanische Arbeiter für den Wiederaufbau brauche. Sie würden für wenig Geld hart arbeiten, sagt der Forscher. Allerdings wenn, dann nur Männer. Frauen habe das Regime noch nie ins Ausland entsandt.
Durch das Ausleihen von Arbeitskräften an Russland könnte Nordkorea einen Haufen Devisen kassieren oder auch andere Güter im Austausch wie Lebensmittel oder Treibstoff erhalten.
Klagen über schlechte Granaten
Eine Hand wäscht die andere, aber - und da ist sich Tertitskiy mit anderen Experten einig - beide Staaten verbinde keine Freundschaft. Ein Beweis dafür aus seiner Sicht.
"Erstens hat Nordkorea längst nicht all' die Technologie erhalten, die es wollte, obwohl es viele Delegationen nach Russland geschickt hat", sagt Tertitskiy. "Und wenn man sich Frontberichte von jenen anguckt, die die Invasion befürworten, dann gibt es sehr viele Klagen über die schlechte Qualität der nordkoreanischen Granaten."
Den Wissenschaftler überrascht das nicht, denn es sei immer der erste Instinkt des Regimes, zu betrügen. Wenn es irgendwie gehe, liefere es mindere Qualität.
"Der Staat wurde quasi von der Sowjetunion kreiert"
Mehrfach hatte die Ukraine in der Vergangenheit behauptet, sie habe auf ihrem Boden Waffen aus nordkoreanischer Produktion gefunden. Die USA und Südkorea schlossen sich der Ansicht an, Nordkorea und Russland haben das stets zurückgewiesen.
Allerdings passen die Waffensysteme beider Länder perfekt zueinander, weiß Wissenschaftler Tertitskiy. "Nordkoreas gesamte Armee wurde von der Sowjetunion aufgebaut. Der Staat wurde quasi von der Sowjetunion kreiert." Die Beziehungen bezeichnet er als eine neue Ära, denn seit 1999 habe es quasi keinen Handel zwischen den beiden Staaten gegeben.