Nach Tötung von Nasrallah Netanyahu warnt Iran vor Vergeltung
Israels Ministerpräsident Netanyahu hat den Iran davor gewarnt, Israel als Vergeltung für die Tötung von Hisbollah-Chef Nasrallah anzugreifen. Zugleich bombardierten israelische Jets erneut Stellungen der Terrormiliz im Libanon.
Nach der Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu den Iran vor einem Angriff gewarnt. "Und an das Regime der Ajatollahs sage ich: Wer uns angreift, den greifen wir an", sagte er an die Führung in Teheran gerichtet. "Es gibt keinen Ort im Iran oder im Nahen Osten, den Israels langer Arm nicht erreichen kann", warnte er.
Geisel-Freilassung durch Nasrallah-Tod wahrscheinlicher?
Sein Land stehe an einem historischen Wendepunkt, sagte Israels Regierungschef. Er bezeichnete die gezielte Tötung von Nasrallah als die "Abrechnung mit einem Massenmörder". "Er war nicht nur irgendein Terrorist, sondern der Terrorist schlechthin", sagte Netanyahu. Der Hisbollah-Chef habe sich der Ermordung zahlloser Israelis, Hunderter Amerikaner und Dutzender Franzosen schuldig gemacht. Seine Tötung sei ein notwendiger Schritt zur Veränderung des Machtgleichgewichts im Nahen Osten gewesen.
Netanyahu argumentierte zudem, dass die Hamas nun eher bereit sei, die aus Israel entführten Geiseln freizulassen. Je stärker Hamas-Anführer Jihia al-Sinwar spüre, dass die Hisbollah ihm nicht zu Hilfe kommen könne, "desto größer sind die Chancen für eine Rückgabe unserer Geiseln", meinte Netanyahu.
Biden: "Maßnahme der Gerechtigkeit"
US-Präsident Joe Biden bezeichnete die Tötung von Nasrallah als "Maßnahme der Gerechtigkeit" für die Opfer seiner mehrere Jahrzehnte währenden Terrorherrschaft. Die USA unterstützten weiterhin Israels Recht auf Selbstverteidigung gegen die Hisbollah und andere vom Iran unterstützte Terrorgruppen, sagte Biden in einer Stellungnahme.
Ziel der USA bleibe aber die Deeskalation der Konflikte im Gazastreifen und im Libanon auf diplomatischem Wege. Aus Sicherheitsgründen ordnete die US-Regierung die Ausreise von Angehörigen ihrer Diplomaten im Libanon an. Grund sei die unvorhersehbare Lage in Beirut, hieß es.
Iran droht Israel
Der Iran unter Religionsführer Ajatollah Ali Khamenei gilt als Schutzmacht und wichtigster Verbündeter der schiitischen Hisbollah-Miliz. Staatsoberhaupt Khamenei ordnete nach der Tötung Nasrallahs bei einem israelischen Luftangriff auf einen Vorort von Beirut Staatstrauer an.
Der Vizepräsident des Iran, Mohammad Resa Aref, erklärte bereits, das "ungerechte Blutvergießen" werde Israels "Zerstörung" herbeiführen. Sein Land werde dem "islamischen Widerstand" treu bleiben. Der iranische Präsident Masoud Peseschkian beschuldigte zudem die USA, an der Tötung Nasrallahs beteiligt gewesen zu sein, ohne Beweise zu nennen.
Wartet die Hisbollah auf Kommandos aus Teheran?
Ohne Chef und nach Tötung fast der gesamten oberen Führungsebene ist allerdings unklar, wer in der Hisbollah nun die Kommandos geben könnte, auch bei weiteren Angriffen auf Israel. Vermutlich wird die Hisbollah Anweisungen des Irans abwarten.
Unter den Opfern des Luftschlags vom Freitag war auch der iranische Brigadegeneral Abbas Nilforuschan, der stellvertretende Kommandeur für Operationen der Revolutionsgarde. Es ist unklar, ob der Iran der Hisbollah jetzt zu Hilfe eilen wird. Die neue iranische Regierung unter Präsident Peseschkian kämpft mit einer schweren Wirtschaftskrise und strebt eine Wiederannäherung an den Westen an.
Neue Luftangriffe in der Nacht
Die israelische Armee griff unterdessen in der Nacht nach eigenen Angaben erneut Stellungen der Hisbollah-Miliz im Libanon an. Wie die Armee am Morgen mitteilte, attackierte die Luftwaffe Dutzende Ziele im nördlichen Nachbarland. Dazu gehörten Abschussrampen, die auf israelisches Gebiet gerichtet gewesen seien, Waffenlager sowie weitere "terroristische Infrastruktur" der proiranischen Miliz.
In der Nacht gab es derweil im Norden Israels erneut Raketenalarm. Im Laufe des vergangenen Tages seien Hunderte Stellungen der Miliz im gesamten Libanon angegriffen worden, hieß es weiter.