Hochrechnungen nach Parlamentswahl Koalition in Japan verliert Mehrheit
Seine Partei ist von einem Skandal erschüttert, er selbst erst wenige Wochen im Amt: Mit einer vorgezogenen Wahl wollte Japans Ministerpräsident Ishiba den Neustart meistern. Doch die Wähler straften die Koalition ab.
Die bisherige Regierungskoalition in Japan hat laut Hochrechnungen ihre Mehrheit verloren. Wie der Fernsehsender NHK berichtete, werden die von einem Parteispendenskandal erschütterte Regierungspartei LDP und ihr Koalitionspartner Komeito "mit Sicherheit die Mehrheit verfehlen". Zulegen konnte demnach die größte Oppositionspartei, die Konstitutionelle Demokratische Partei Japans des früheren Ministerpräsidenten Yoshihiko Noda.
Sollte sich das Ergebnis bestätigen, wäre dies ein harter Schlag für Ministerpräsident Shigeru Ishiba, der sich mit der vorgezogenen Wahl Rückhalt für seinen Reformkurs sichern wollte. Der 67 Jahre alte Politiker hatte erst am 1. Oktober die Nachfolge von Fumio Kishida angetreten und acht Tage nach dem Amtsantritt das Unterhaus aufgelöst. Ishiba sprach im Fernsehen von einem harten Urteil der Wählerinnen und Wähler. Man müsse die Abstimmung mit Demut annehmen.
LDP regiert seit Jahrzehnten fast ununterbrochen
Die oppositionelle konservative Demokratische Partei für das Volk, die als möglicher dritter Koalitionspartner gehandelt worden war, schloss in der Wahlnacht eine Beteiligung an einer LDP-geführten Regierung aus. Umfragen vor der Wahl hatten bereits angedeutet, dass es die Koalitionsparteien schwer haben könnten, die für eine Mehrheit erforderlichen 233 Sitze im Unterhaus zu erreichen.
Die LDP regiert Japan seit Jahrzehnten fast ununterbrochen. Einige Parteimitglieder, die in den Parteispendenskandal verwickelt sind, hatte die LDP nicht als offizielle Kandidaten für die Wahl zugelassen. Mehrere von ihnen verloren Prognosen zufolge ihre Sitze. Diejenigen, denen die Unterstützung der LDP verweigert wurde, hatten enge Beziehungen zum ermordeten Ministerpräsidenten Shinzo Abe, der auch nach seinem Rücktritt als Parteivorsitzender 2020 erheblichen Einfluss auf die LDP ausgeübt hatte.
Ishiba war im Wahlkampf mit dem Versprechen angetreten, Japans Verteidigung angesichts von Chinas Machtstreben in der Region und der Bedrohungen durch Nordkoreas Raketen- und Atomprogramm zu stärken. Außerdem wollte er die unter den Folgen der Überalterung leidenden ländlichen Regionen des Landes wirtschaftlich fördern und die negativen Auswirkungen der Inflation mildern.