Abkommen Israel und VAE Ein Tabubruch mit Ambitionen
Seit langem schon ringt Israel hinter den Kulissen um eine Annäherung an weitere arabische Staaten. Die Verhandlungen waren über viele Jahre zäh. Nun ist ein Durchbruch mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, kurz darauf auch mit Bahrain gelungen. Was steckt dahinter?
Sie sehen sich gerne als Leuchtturm in einer krisengeschüttelten Region: ehrgeizig, geschäftstüchtig, pragmatisch. In Umfragen nennen die meisten jungen Araber die Vereinigten Arabischen Emirate als das Land, in dem sie in ihrer Region am liebsten einmal leben möchten.
An der Spitze der Emirate stehen zwar autokratische Herrscher, Emire und Scheichs, die für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte nicht allzu viel übrig haben. Aber sie stellen gerne den Anspruch religiöser Toleranz ins Schaufenster.
Blick auf Investoren
Ein Boykott Israels passt da auf Dauer nicht so recht ins Bild, schon gar nicht in der größten Stadt der Emirate, in Dubai. Die glitzernde Metropole und das globale Drehkreuz zwischen Afrika, Europa und Asien will Investoren und Talente aus der ganzen Welt anlocken.
Schon jetzt hat sich dort eine lebendige jüdische Gemeinde zusammengefunden, eine der wenigen in der arabischen Welt. Zudem hat der noch vergleichsweise junge Staatenbund am Golf mit Israel nie Krieg geführt, das Verhältnis gilt als vergleichsweise unbelastet.
Wohl auch deshalb konnten die Emirate ein lange gepflegtes Tabu in der arabischen Welt brechen: Annäherung und Ausgleich mit Israel auch ohne einen unabhängigen Palästinenserstaat. Offiziell halten die Emirate zwar an der Zweistaatenlösung fest, doch mit dem Abkommen von Washington ist sie noch unwahrscheinlicher geworden.
Dubai boomt - und hofft auf weitere Investitionen aus Israel.
Hoffnung auf neuen Schwung
Dafür winkten viele Vorteile. Die Corona-Krise hat auch die Emirate schwer getroffen. Der Flugverkehr, der Tourismus, die Investitionen sind eingebrochen, nicht zuletzt in Dubai. Tausende Betten in den Luxushotels auf Wüstensand stehen leer. Der Immobilienmarkt steht auf tönernen Füßen.
Von Firmen, Investoren und Touristen aus Israel und weit darüber hinaus erhoffen sich die Emirate durch den historischen Pakt neuen Schwung. Der Staat ist zudem an Israels ausgeklügelter Sicherheitstechnik interessiert, an Cybersoftware, auch an Agrartechnologie. Das Kapital ist vorhanden, in Israel wird es händeringend gebraucht.
Alles sieht nach einer Win-Win-Situation aus. Als Bonbon scheinen die USA den Verkauf hochmoderner F35-Kampfflugzeuge und Drohnen an die Emirate in Aussicht gestellt zu haben. Israel soll dem angeblich in einem Geheimabkommen zugestimmt haben, auch wenn Ministerpräsident Benjamin Netanayahu das öffentlich bestreitet. Es sieht ganz danach aus, dass der Staatenbund seine militärische Schlagkraft nun noch weiter ausbauen kann.
Mini-Supermacht vom Golf
Schon jetzt ist die Mini-Supermacht vom Golf in vielen Konflikten in der Region involviert, etwa im Jemen oder Libyen, wenn auch selten ruhmreich. Der Hunger auf neue Abenteuer scheint ungestillt. Das Interesse an Rüstungsgütern bleibt hoch. Der militärische Abstand zu Israel ist zwar noch gewaltig, aber wird doch kleiner, was nicht Wenige in Jerusalem besorgt.
Längst ist der Frontverlauf aber ein anderer als noch vor 50 Jahren. Nicht mehr zwischen der arabischen Welt und Israel, sondern zwischen Israel, den meisten arabischen Staaten und dem Iran. Israel kooperiert hier mit den Emiraten und etlichen anderen Autokraten in der Region seit vielen Jahren im Stillen. Nun steht einer noch intensiveren Zusammenarbeit mit offiziellem Anstrich nichts mehr im Weg.
Es sind all diese Punkte, die am Ende die Herrscher des Staatenbundes zum historischen Schritt bewegt haben. Auch um das Risiko, als Verräter an der palästinensischen Sache und Vasallen Washingtons gebrandmarkt zu werden.