Verstärkte Angriffe im Libanon Startet nun Israels Bodenoffensive?
Israels geplante Bodenoffensive gegen die Hisbollah-Miliz steht möglicherweise unmittelbar bevor: Nach Angaben des Militärchefs bereitet die Armee ein Manöver vor, bei dem sie "feindliches Gebiet betreten wird".
Die israelische Armee bereitet nach eigenen Angaben ein Manöver vor, bei dem "Militärstiefel feindliches Gebiet betreten werden". Die schweren Angriffe Israels auf Stellungen der Hisbollah im Libanon dienten auch der Vorbereitung einer möglichen Bodenoffensive, sagte der israelische Militärchef Herzi Halevi bei einem Besuch nahe der nördlichen Grenze. Hierfür solle zunächst die Infrastruktur der Terrormiliz zerstört werden.
Israel wolle erreichen, dass Bewohner aus dem Norden dorthin zurückkehren können, sagte Halevi nach Militärangaben. Bei einer möglichen Offensive werde man "in Dörfer eindringen, die Hisbollah als große militärische Außenposten vorbereitet hat". Die israelischen Soldaten seien "viel stärker und viel erfahrener" als die Hisbollah-Kämpfer.
Israel mobilisiert Reservisten
Das Militär teilte außerdem mit, es habe einige seiner Reservisten für den Einsatz im Norden des Landes mobilisiert. Das werde sicherstellen, dass der Kampf gegen die Hisbollah weitergeführt werden könne. Die Ankündigung ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass Israel seine Militäreinsätze gegen die Hisbollah noch ausweiten könnte.
Erstmals Rakete im Luftraum von Tel Aviv
Wenige Stunden zuvor hatte die Hisbollah mit einer Rakete erstmals den Luftraum der israelischen Großstadt Tel Aviv erreicht. Die Miliz erklärte, Ziel sei das Hauptquartier des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad gewesen. Die Hisbollah macht den Mossad für die Explosion von Kommunikationsgeräten ihrer Kämpfer verantwortlich.
Die Rakete sei abgefangen worden, teilte die israelische Armee mit. Sie sei in Richtung ziviler Gebiete in Tel Aviv geflogen, das Hauptquartier des Mossad liege nicht in dieser Gegend. Die Miliz habe die Reichweite ihres Feuers vergrößert und werde eine starke Reaktion erhalten, sagte Armeechef Halevi.
Die israelische Armee griff nach eigenen Angaben heute mehr als 280 Hisbollah-Stellungen an. Darunter seien 60 Angriffe auf Geheimdienststützpunkte der Miliz gewesen.
Bei den Luftangriffen sind den libanesischen Behörden zufolge mindestens 51 Menschen getötet worden. 223 Personen seien verwundet worden, sagt der libanesische Gesundheitsminister Firas Abiad. Seit Anfang der Woche wurden bei den heftigsten Kämpfen im Libanon seit zwei Jahrzehnten mehr als 600 Menschen getötet.
Zehntausende flüchten vor den Kämpfen
Nach UN-Angaben sind mehr als 90.000 Menschen vor den Kämpfen geflohen. Fast 40.000 von ihnen seien in Notunterkünften untergekommen, teilte die Internationale Organisation für Migration mit.
Tausende der Geflüchteten sind zur Flucht Richtung Syrien getrieben worden, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk berichtete. Dabei handele es sich nicht nur um Syrer, die einst vor dem Bürgerkrieg in ihrem Heimatland im Libanon Zuflucht gesucht hatten, sondern auch um Libanesen. An der Grenze stünden Hunderte Autos mit verzweifelten Menschen. Viele kämen auch zu Fuß an, mit ihren wenigen Habseligkeiten in Kisten und Koffern - darunter Frauen und kleine Kinder.
Bei der UN-Generalversammlung in New York laufen unterdessen weiter diplomatische Versuche, die Eskalation der Angriffe zu beenden. Die USA habe einen Anlauf gestartet, eine gemeinsame Lösung für die Konflikte im Gazastreifen und Libanon zu finden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. "Die Gefahr einer Eskalation in der Region ist akut", sagte US-Außenminister Anthony Blinken. Die mit der Hamas verbündete Hisbollah hatte mehrfach angekündigt, sie werde nur im Falle eines Ende des Gazakrieges den Beschuss von Nordisrael einstellen.