Soldaten einer indischen paramilitärischen Gruppe patrouillieren in der Stadt Pahalgam in der Kaschmirregion

Nach Anschlag in Kaschmir Indien verschärft Kurs gegenüber Pakistan

Stand: 24.04.2025 11:23 Uhr

Indien macht Pakistan verantwortlich für den Anschlag mit 26 Toten in Kaschmir und setzt einen jahrzehntealten Vertrag über Wassernutzung mit dem Nachbarn aus. Das könnte die Spannungen verschärfen.

Es war ein Dokument, das fast 65 Jahre lang Bestand hatte - und seither allen Auseinandersetzungen zwischen Indien und Pakistan standhielt. Bis jetzt. "Der Indus-Wasservertrag von 1960 wird mit sofortiger Wirkung ausgesetzt, bis Pakistan glaubwürdig und unwiderruflich seiner Unterstützung des grenzüberschreitenden Terrorismus abschwört", sagte Indiens Außenstaatssekretär Vikram Misri am Mittwochabend nach der Sitzung des indischen Sicherheitskabinetts.

Das war nur eine der Strafmaßnahmen, die die indische Regierung als Reaktion auf den Terroranschlag vom Dienstag verhängte. Der 1960 von der Weltbank ausgehandelte Indus-Wasservertrag hat eine große Bedeutung für die Beziehungen der beiden Nachbarstaaten, denn er legt fest, wie mit den Wasserreserven für Hunderte Millionen Menschen umgegangen wird.

Indien könnte Pakistan das Wasser abdrehen

Der Indus und seine Zuflüsse liegen in einem Gebiet, das teilweise von Indien, teilweise von Pakistan kontrolliert wird. Ein extrem sensibles Gebiet, das großes Konfliktpotenzial birgt. Ohne Vertrag könnte Indien Pakistan wortwörtlich das Wasser abgraben. Hinzu kommen weitere Maßnahmen, kündigte Außenstaatssekretär Misri an. So wird der einzige Grenzübergang nach Pakistan vorerst geschlossen, pakistanische Diplomaten werden aus Indien ausgewiesen, indische aus Pakistan zurückgeholt und Visa von Pakistanern widerrufen. 

Pakistans Regierung wies die Anschuldigungen aus Indien zurück, sie unterstütze Terrorismus. Verteidigungsminister Khawaja Mohammad warf dem Nachbarland vor, es nutze einen "bedauerlichen terroristischen Vorfall" als Vorwand, um einen Vertrag aufzukündigen, den es seit langem zu umgehen versuche. Nach indischer Lesart strebte das Land bislang lediglich an, den Vertrag neu zu verhandeln, um seine Rechte zur Wassernutzung besser wahrnehmen zu können. 

Suche nach Tätern dauert an

In der Region Kaschmir suchen indische Sicherheitskräfte derweil weiter nach den Tätern vom Dienstag. Zehntausende Polizisten und Soldaten sind im Einsatz und errichten Kontrollposten an wichtigen Straßen. Der indischen Zeitung Indian Express zufolge geht man von fünf Männern aus, drei davon aus Pakistan. Sie hatten nahe dem Ausflugsort Pahalgam das Feuer auf Urlauber eröffnet. 26 Menschen starben, meist Touristen aus anderen Teilen Indiens, 17 wurden verletzt.

Suysh Dey aus Kolkata gehört zu denjenigen, die Glück hatten: "Wir hatten uns gerade mit ein paar Leuten unterhalten, die auf Pferden saßen, da brach plötzlich Panik aus und Menschen rannten los", sagte er der Nachrichtenagentur AP. Sie seien zu sechst gewesen und hätten Schutz in einem Restaurant gesucht: "Der Besitzer holte uns rein und verriegelte hinter uns die Türen." Eine bislang wenig bekannte Gruppe namens "Kaschmir-Widerstand" hat sich mittlerweile auf Social Media zu dem Anschlag bekannt.

Karte: Indien mit der Region Kaschmir und der Stadt Pahalgam

Es seien islamistische Separatisten, berichten indische Medien, die Kaschmir von Indien loslösen wollten und die angeblich Verbindungen zu in Pakistan ansässigen Terrororganisationen hätten.

Die Region Kaschmir wurde nach der Teilung Britisch-Indiens 1947 zwischen den neu gegründeten Staaten Indien und Pakistan aufgeteilt. Gerade der indische Teil mit seiner mehrheitlich muslimischen Bevölkerung ist seither ein Unruheherd. Zuletzt aber war es etwas ruhiger geworden - und mit der Ruhe waren die Touristen in die landschaftlich schöne Gegend gekommen, indische, aber auch nicht wenige aus dem Ausland. Das könnte nun erst einmal vorüber sein.

Peter Hornung, ARD Neu-Delhi, tagesschau, 24.04.2025 06:34 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 23. April 2025 um 13:38 Uhr.