Indien und Pakistan Dieses Mal soll die Waffenruhe halten
Indien und Pakistan beschwören den guten Willen. Der Waffenstillstand in der von beiden Staaten beanspruchten Kaschmir-Region soll endgültig halten. Doch ein zentraler Streitpunkt bleibt ungeklärt.
Friedlich plätschert der Jhelam-River durch die malerische Landschaft des Kaschmirtals. Der Gebirgsfluss aus dem westlichen Abschnitt des Himalaya verbindet Srinagar, die Hauptstadt des indischen Teils von Kaschmir, mit Muzzafarbad, der Hauptstadt des von Pakistan kontrollierten Teils.
Dazwischen liegt die "Line of Control" (LoC), die inoffizielle Grenzlinie zwischen den beiden verfeindeten Nachbarländern, die beide Anspruch auf Kaschmir erheben und schon mehrere Kriege deswegen geführt haben. Vor knapp zwei Jahren wäre es beinahe erneut dazu gekommen.
Nun soll der Waffenstillstand halten
Vor wenigen Wochen vereinbarten die Regierungen in Neu-Delhi und Islamabad überraschend, einen im Jahr 2003 vereinbarten Waffenstillstand von jetzt an einzuhalten. Seitdem ist in Uri, einem kleinen Ort auf der indischen Seite der LoC, das Leben deutlich entspannter.
Noch vor ein paar Monaten habe es von der pakistanischen Seite tagelangen Beschuss mit Granaten gegeben, klagt der 21 Jahre alte Imran Ahmed. Das Haus seiner Familie hat schon so manche Granate abbekommen, wie an den Löchern in der Fassade zu sehen ist. Einer seiner Verwandten am Grenzposten in Kamal sei ums Leben gekommen. Und seine Familie lebe in ständiger Angst, denn sie hätten keine Bunker in der Nähe und seien dem Granatenhagel jedes Mal schutzlos ausgeliefert.
Spannungen seit Jahrzehnten
Seit dem ersten Kaschmir-Krieg zwischen den beiden Nachbarstaaten von 1947 bis 1949 trennt die "Line of Control" den von Pakistan und den von Indien kontrollierten Teil der Provinz. Azad Kaschmir heißt die Region auf der pakistanischen Seite, Jammu & Kaschmir auf der indischen.
Auch die Kaschmiris auf der pakistanischen Seite der LoC sind, ebenso wie ihre gar nicht so weit entfernten Nachbarn auf der indischen Seite, Opfer der immer wiederkehrenden Spannungen. Zuletzt im November vergangenen Jahres.
Es habe pausenlos Beschuss von der indischen Seite gegeben, klagte damals Abdul Ghafor, ein pakistanischer Kaschmiri einem Reporter der Nachrichtenagentur AP. Sein Haus sei zerstört worden, er habe seinen ganzen Besitz verloren, auch sein Vieh.
Beide Seiten beschuldigen einander
Welche Seite angefangen hat, ist bei jedem Zwischenfall unklar. Indien beschuldigt die pakistanische Seite. Die stellt es genau anders herum dar.
Doch jetzt soll alles besser werden. Am 25. Februar vereinbarten Indien und Pakistan in einer gemeinsamen Erklärung, sich an ein Waffenstillstandsabkommen aus dem Jahr 2003 zu halten.
Indien wolle normale nachbarschaftliche Beziehungen mit Pakistan, sagte der Sprecher des Außenministeriums Anurag Srivastava. Indien sei entschlossen, alle Schwierigkeiten mit Pakistan auf friedlichem Weg zu regeln. In Grundsatzfragen sei die indische Position aber weiterhin unverändert.
Unverändert ist auch die pakistanische Position. Die Regierung in Islamabad bezeichnet den von Pakistan kontrollierten Teil Kaschmirs als "Azad Kashmir", freies Kaschmir und den indischen, als besetztes Gebiet "Indian Occupied Kashmir".
Ruhiger soll es zugehen an der indisch-pakistanischen Grenze - auch für diese indischen Milizionäre
Erinnerungen an eine UN-Resolution
Jedes Jahr am 5. Februar wird in Pakistan der Tag der Solidarität mit Kaschmir begangen. Dies ist der Jahrestag einer UN-Resolution aus dem Jahr 1948, in der ein nie erfolgtes Referendum in Kaschmir verlangt wurde, ob die Kaschmiris zu Indien oder zu Pakistan gehören wollen.
In diesem Jahr reiste Premierminister Imran Khan am Kashmir Day nach Muzaffarbad, wo er von den knapp 100.000 Einwohnern wie ein Held empfangen wurde. Khan versprach den Kaschmiris auf beiden Seiten der umstrittenen Grenzlinie Freiheit.
Er sei sicher, so Khan, dass sich die Kaschmiris in Azad Kaschmir und in Jammu Kaschmir für die Zugehörigkeit zu Pakistan entscheiden würden,, wenn sie erstmal die Möglichkeit bekommen, über ihre Zukunft abzustimmen. "Und Pakistan wird Euch die Möglichkeit geben, Teil Pakistans zu werden oder ganz frei zu sein." Es sei ihr "demokratisches Recht und ihr Menschenrecht", selbst über ihre Zukunft zu entscheiden.
Was 1948 beschlossen wurde
Indien will von der UN-Resolution Nummer 47 aus dem Jahr 1948 nichts mehr wissen, die ein Referendum über die Zukunft der Provinz vorsieht. Doch die Regierung in Delhi betrachtet die Region im Norden des Landes als Teil der Republik Indien und Kaschmir als innere Angelegenheit.
Die Gräben zwischen beiden Seiten sind nach wie vor tief. Doch sollten sich Indien und Pakistan nach 18 Jahren endlich an den Waffenstillstand aus dem Jahr 2003 halten, wäre dies ein wichtiger Schritt hin zu Frieden in Kaschmir.