Ein indischer Sicherheitsbeamter steht am Straßenrand in Pahalgam Wache

Nach Anschlag in Kaschmir Indien setzt Wasservertrag mit Pakistan aus

Stand: 24.04.2025 00:18 Uhr

Nach einem Anschlag in Kaschmir vermutet die indische Regierung eine Verbindung nach Pakistan. Neu-Delhi will deshalb einen Vertrag über die Wassernutzung des Indus aussetzen - und so den Nachbarn an einer empfindlichen Stelle treffen.

Nach dem Terroranschlag im indisch kontrollierten Teil Kaschmirs verschärfen sich die Spannungen zwischen Indien und Pakistan. Als Reaktion auf den Angriff beschloss die Regierung in Neu-Delhi unter anderem, einen wichtigen Vertrag mit dem Nachbarn über die Nutzung der Flüsse in der Himalaya-Region auf unbestimmte Zeit auszusetzen.

Der Staatssekretär im Außenministerium, Vikram Misri, sprach von "grenzüberschreitenden Verbindungen" bei dem Anschlag. Er warf Pakistan vor, Terrorismus zu unterstützen. Die Regierung in Islamabad hatte zuvor jede Beteiligung an dem Angriff zurückgewiesen.

 

Vertrag regelt Wassernutzung am wichtigsten Fluss Pakistans

Misri sagte weiter, der Indus-Wasservertrag werde so lange außer Kraft gesetzt, "bis Pakistan glaubhaft und unwiderruflich der Unterstützung des grenzüberschreitenden Terrorismus abschwört". Das 1960 unter Vermittlung der Weltbank ausgehandelte Abkommen regelt die Wassernutzung des Indus und seiner Nebenflüsse. Der Indus ist der wichtigste Fluss Pakistans. Aus der chinesischen Region Tibet kommend fließt er durch Ladakh, das bis 2019 noch offiziell zum indischen Teil Kaschmirs gehörte. 

Unter einer Reihe von Maßnahmen, die auf einer Sondersitzung des Sicherheitskabinetts des indischen Premierminister Narendra Modi beschlossen wurden, wird die Suspendierung des Wasservertrags als ein Schritt gesehen, der das Nachbarland besonders empfindlich treffen könnte. Zudem wurden die Militärberater in der pakistanischen Auslandsvertretung in Neu-Delhi zu unerwünschten Personen erklärt. Sie sollen das Land verlassen. Weiterhin soll der Umfang der indischen Gesandtschaft in Islamabad von 55 auf 30 Menschen reduziert werden.

Ferner soll der wichtigste Grenzkontrollposten auf indischer Seite mit sofortiger Wirkung geschlossen werden. Pakistanische Staatsbürger dürfen nicht mehr ohne Visum nach Indien einreisen.

Der pakistanische Verteidigungsminister Khawaja Mohammad warf Indien vor, "einen bedauerlichen terroristischen Vorfall" als Vorwand zu benutzen, um einen Vertrag aufzukündigen, den es seit langem zu umgehen versuche. Der Nationale Sicherheitsausschuss wurde einberufen, um unter Vorsitz von Regierungschef Shebaz Sharif über die Maßnahmen Indiens und eine Reaktion darauf zu beraten.

Karte: Indien mit der Region Kaschmir und der Stadt Pahalgam

Antipakistanische Proteste in Stadt Jammu

Bei dem Anschlag auf einer Bergwiese in einer beliebten Urlaubsgegend nahe der Stadt Pahalgam im Unionsterritorium Jammu und Kaschmir wurden 26 Menschen getötet, mindestens 17 weitere verletzt. Die meisten von ihnen waren indische Feriengäste. Die Regierung stuft den gezielten Angriff auf Touristen als Terrorakt ein. Indische Medien berichteten, eine islamistische Terrorgruppe mit möglichen Verbindungen zu Pakistan habe den Anschlag für sich reklamiert. 

Kaschmir steht seit Jahrzehnten im Mittelpunkt eines Konflikts zwischen beiden Ländern, die jeweils einen Teil der Region kontrollieren. Beide beanspruchen das ganze Gebiet für sich. Die beiden Atommächte führten bereits zwei Kriege um die Herrschaft über das Himalaya-Tal. In der Stadt Jammu kam es zu antipakistanischen Protesten. Die Teilnehmer forderten, dass Terroristen mit Gewalt aus der Region vertrieben werden sollen, wie indische Medien berichteten. 

Indien meldet zahlreiche Festnahmen nach Anschlag

Nach dem Anschlag gab es Medienberichten zufolge Hunderte Festnahmen im indisch kontrollierten Teil Kaschmirs. Wie der Sender NDTV und andere indische Medien unter Berufung auf Informanten berichteten, wurden in der Region im Kontext des Anschlags bislang etwa 1.500 Personen festgenommen, um sie zu möglichen Verbindungen zu den Tätern zu befragen. Darunter hätten sich auch Personen befunden, die bereits früher wegen militanten Verhaltens aufgefallen seien, hieß es.

Indiens Verteidigungsminister Rajnath Singh drohte den Tätern und ihren vermeintlichen Hinterleuten mit einer raschen Reaktion. Es werde eine "laute und deutliche Antwort für die Verantwortlichen" sein, sagte er. An der Suche nach den Angreifern beteiligten sich nach Angaben der Streitkräfte neben der Polizei auch die Armee. Die Sicherheitsmaßnahmen im gesamten Kaschmir-Tal seien verstärkt worden, berichtete die Zeitung Greater Kashmir. Die Polizei in Kaschmir veröffentlichte zur Unterstützung der Fahndung Phantombilder von drei mutmaßlichen Angreifern.

Rebellengruppen kämpfen im indischen Teil Kaschmirs, der vorwiegend muslimisch geprägt ist, für eine Unabhängigkeit vom mehrheitlich hinduistischen Indien - oder für einen Zusammenschluss mit Pakistan.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 23. April 2025 um 13:38 Uhr.