Fregatte "Baden-Württemberg" Flagge zeigen im Indo-Pazifik
Stabilität im Indo-Pazifik ist für Deutschland von großer Bedeutung. Dem trägt auch die Fahrt der Fregatte "Baden-Württemberg" Rechnung. Auf einem Teilstück war ARD-Korrespondentin Jennifer Johnston mit an Bord.
Langsam fährt die Fregatte “Baden-Württemberg” aus dem Hafen von Jakarta, vorbei an einem indonesischen U-Boot aus deutscher Produktion. Die Besatzung des U-Boots steht aufgereiht, draußen auf dem Deck. Die Hände zum militärischen Gruß gehoben.
Eine Trillerpfeife ertönt. Fregattenkapitän Sascha Huth winkt aus der Entfernung mit seiner weißen Mütze. "So begrüßen wir uns überall, auch auf der Hohen See, wenn wir einem Kriegsschiff begegnen, mit dem wir freundschaftliche Beziehungen pflegen."
Von den Chinesen beschattet
Bei der Fahrt durchs Südchinesische Meer und besonders die Straße von Taiwan sei die Stimmung nicht so locker gewesen. Die deutsche Fregatte wurde die ganze Zeit von mehreren chinesischen Kriegsschiffen beschattet. Es gab kein Pfeifen, kein Winken, keinen netten Gruß. Stattdessen erreichte die Fregatte bei der Fahrt durch die Taiwanstraße über Funk von chinesischer Seite die Durchsage, dass die Deutschen durch territoriale Gewässer fahren würden und diese verlassen sollten.
Eine Aussage, die nicht stimmt. Nach dem UN-Seerechtsübereinkommen ist die Meerenge zwischen China und Taiwan internationales Gewässer und damit frei befahrbar. Das erklärte auch die Fregatte und hielt an ihrem Kurs fest.
"Man spürte, nicht willkommen zu sein"
Es war das erste Mail seit 22 Jahren, dass deutsche Marineschiffe durch die Straße von Taiwan gefahren sind. Der heikelste Moment auf der bisherigen Route durch den Indo-Pazifik, mehr als 10.000 Kilometer Luftlinie entfernt von Deutschland. Beim ersten Indo-Pacific Deployment 2021 hatte die Marine diese Meerenge noch gemieden.
Die chinesischen Kriegsschiffe hätten nun grundsätzlich sicheren Abstand gehalten und sich professionell verhalten. "Aber man hat uns spüren lassen, dass wir nicht willkommen sind”, sagt Flottillenadmiral Axel Schulz, der die Mission leitet. Die Durchfahrt sollte auch zeigen, dass Deutschland die territorialen Ansprüche Chinas nicht akzeptiert. "Und das können wir nur, indem wir da regelmäßig durchfahren", sagt Stephanie Finke, die die Mission als Rechtsberaterin an Bord begleitet.
Große Bedeutung der Region
Der Indo-Pazifik hat für Deutschland als Handelsnation enorme Bedeutung. Fast 40 Prozent des deutschen Außenhandels außerhalb der EU findet in der Region statt. Flottillenadmiral Axel Schulz erinnert bei der Gelegenheit gerne an den Containerfrachter "Ever Given", der vor rund drei Jahren den Suezkanal blockierte. Allein das hatte damals schon große Auswirkungen auf die weltweiten Lieferketten. Eine Beeinträchtigung der Handelsrouten im Indo-Pazifik hätte deutlich gravierendere Folgen, auch für den Wohlstand und die Versorgung Deutschlands.
Die "Baden-Württemberg" ist ein bewaffnetes Kriegsschiff, das modernste, dass die Marine derzeit hat. Der Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main" ist Tankstelle und Supermarkt. Das Schiff hat Sprit, Lebensmittel, Munition sowie Ersatzteile geladen und sogar ein Krankenhaus an Bord.
Der OP-Saal auf dem Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main". Notfälle landen hier.
Eine Frage der Übung
In der Ferne sieht Fregattenkapitän Huth ein U-Boot der Singapurer Marine. Neben ihm fährt ein graues Kriegsschiff der Singapurer. Es ist sechs Uhr morgens. Gleich starten sie ein gemeinsames Manöver. Diese Übungen seien ein besonders wichtiger Teil der Mission. Sie dienten dazu, die Marine des befreundeten Landes kennenzulernen, die Abläufe, die Morse-Zeichen.
Auch gehe es um die Frage, wie man einen Hubschrauber auf dem Schiff des anderen landet. "Um letztendlich dann auch, wenn es darauf ankommt, kompatibel zueinander zu sein", erklärt Admiral Schulz. Die gemeinsamen Marineübungen zeigten auch, die Europäer können ohne die Amerikaner in der Region operieren, sagt Christian Schultheiss, Seerechtler und Politikwissenschaftler am Max-Planck-Institut. "Der Verteidigungsminister nennt die Fahrt eine Präsenzfahrt. Ich würde sie eher eine Lernfahrt nennen."
Übungen wie diese seien ein besonders wichtiger Teil der Mission. Wie landet ein Hubschrauber auf dem Schiff des Anderen. Denn: Wenn es darauf ankommt, müsse man "kompatibel miteinander sein".
Nicht jedes Land wünscht Unterstützung
Denn auf ihrer Route durch den Indopazifik laufen die Fregatte "Baden-Württemberg" und der Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main" mehrere Häfen an. In Japan, Südkorea oder den Philippinen habe man sie sehr herzlich willkommen geheißen, erinnert sich Admiral Schulz. Weitere Hafenaufenthalte in Südostasien sind neben Singapur unter anderem Indonesien und Malaysia. Letztere hätten eher eine skeptische Haltung gegenüber der Präsenz ausländischer Marinen in Südostasien, sagt Politikwissenschaftler Schultheiss.
Von daher sei es gut, mit den Ländern ins Gespräch zu kommen und bilaterale Übungen durchzuführen. Es sei wichtig, die politischen Sensibilitäten und Wahrnehmungen kennenzulernen. "Deutschland sollte sich nicht überschätzen und davon ausgehen, dass jedes Land automatisch Unterstützung von ausländischen Marinen wünscht, nur weil sie Dispute mit China haben. Das ist eine Fehleinschätzung", betont Schultheiss.
Die Besatzung der Fregatte "Baden-Württemberg" steht zum Einlaufen in Singapur an Deck.
Wertschätzung in Singapur
Mit Singapur hingegen seien die Verbindungen sehr eng, bei Marine, Luftwaffe und im Heer, erklärte Generalinspekteur Breuer bei seinem jüngsten Besuch in dem Stadtstaat. "Es gibt kaum ein anderes Land in dieser Region, wo die Verbindung so eng ist." Kritik, dass zwei Marineschiffe noch kein großes Zeichen seien, wiegelt er ab.
"Hier wird es sehr viel mehr geschätzt, als wir uns das in Deutschland vorstellen." In der Region werde die deutsche Flagge auch als Stellvertreterin für die Europäische Union wahrgenommen, sagt Collin Koh, Sicherheitsexperte an der Rajaratnam School of International Studies in Singapur. Dass die deutschen Kriegsschiffe durch die Straße von Taiwan gefahren seien, sei ein starkes Zeichen, dass Deutschland helfe, die regelbasierte Ordnung in der Region aufrecht zu erhalten.