UN-Bericht über China "Glaubhafte" Vorwürfe von Folter in Xinjiang
Der lang erwartete Bericht der UN-Menschenrechtskommissarin Bachelet prangert schwere Menschenrechtsverletzungen in der chinesischen Region Xinjiang an. China weist die Vorwürfe als Lüge zurück.
Nur wenige Minuten vor dem Ende ihrer Amtszeit als UN-Menschenrechtskommissarin hat Michelle Bachelet ihren lange erwarteten Bericht vorgelegt. Der Report ist 49 Seiten lang, die Vorwürfe wiegen schwer. Von erheblichen Menschenrechtsverletzungen im chinesischen Landesteil Xinjiang ist die Rede.
Die Vorwürfe von Folter und Misshandlung von Uiguren seien glaubhaft. Wenn Menschen willkürlich und diskriminierend inhaftiert würden, könnte das Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, heißt es in dem Bericht der Vereinten Nationen weiter.
Wang: Ton könnte schärfer sein
Maya Wang von "Human Rights Watch", einer nicht-staatlichen Organisation, die sich für die Wahrung von Menschenrechten einsetzt, erklärt, der Bericht erschwere es der chinesischen Regierung, die Vorwürfe abzustreiten. Die meisten Menschenrechtsverstöße, die "Human Rights Watch" dokumentiert habe, seien darin aufgeführt, so Wang.
Ich hätte mir dennoch gewünscht, dass Dinge klarer angesprochen werden. Angesichts der Schwere der Menschenrechtsverstöße und der zunehmenden Beweise dafür, die über Jahre angehäuft wurden, könnte der Ton in dem Bericht schärfer sein.
Unter anderem die US-Regierung und Menschenrechtsorganisationen werfen China Völkermord beziehungsweise kulturellen Genozid im Landesteil Xinjiang vor. Diese Anschuldigung wird in dem Bericht von Bachelet nicht erhoben.
China: Vorwürfe sind Lüge
Seit Jahren steht China in der Kritik wegen des Umgangs mit Uiguren und anderen mehrheitlich muslimischen Volksgruppen in der westlichen Region Xinjiang. Mehr als eine Million Menschen waren dort nach Recherchen von Beobachtern zwischenzeitlich in Umerziehungslagern eingesperrt, die meisten von ihnen muslimische Männer. Es gibt Berichte über Zwangsarbeit.
China weist die Vorwürfe als Lüge und Einmischung in innere Angelegenheiten zurück. Die kommunistische Staats- und Parteiführung spricht von Fortbildungszentren und Terrorismusbekämpfung. Die Regierung in Peking hatte bis zuletzt versucht, die Veröffentlichung des Berichts von Bachelet zu verhindern.
Man habe Bachelet mehrfach erklärt, dass China gegen den Bericht sei, so Zhang Jun, der Botschafter Chinas bei den Vereinten Nationen gestern in einem Interview. Es handle sich um Lügen, mit dem Ziel Chinas Stabilität und Entwicklung zu untergraben. Die UN-Menschenrechtskommissarin solle unabhängig bleiben und sich nicht dem Druck westlicher Staaten beugen, so Zhang Jun.
Der Bericht soll schon seit rund einem Jahr fertig gewesen sein. Die UN-Menschenrechtskommissarin sprach bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche von enormem Druck von allen Seiten.
"Wir sind immer unter Druck, nicht nur von Mitgliedsstaaten auch von der Zivilgesellschaft, das ist bekannt. Aber unsere Arbeit ist geleitet von der Wissenschaft, die sich mit Menschenrechten auseinandersetzt, von Fakten und von objektiver rechtlicher Analyse. Ich bin in diesem Fall unter enormen Druck gesetzt worden, den Bericht zu veröffentlichen oder ihn zurückzuhalten."
Vorwurf: Propaganda für Chinas Staatsführung
Bachelet war im Mai in China und hatte unter anderem Xinjiang besucht, hielt sich anschließend aber mit Kritik an der Regierung in Peking zurück. Menschenrechtsorganisationen warfen ihr vor, sie habe mit ihrer Reise Propaganda für die chinesische Staatsführung gemacht.
Wang von "Human Rights Watch" kritisiert außerdem, dass Bachelet nach ihrem Besuch in Xinjiang keine unabhängige Untersuchung in die Wege geleitet hat:
Und dass jetzt ihr Bericht zehn Minuten vor dem Ende ihrer Amtszeit veröffentlicht wurde, macht es schwierig, wichtige Schritte im Anschluss einzuleiten. Das hatte sie offensichtlich so vorgesehen. Und das hinterlässt einen dunklen Fleck auf Bachelets Wirken als UN-Menschenrechtskommissarin und rüttelt an der Glaubwürdigkeit des Amts.