Abstimmung zu E-Autos EU-Strafzölle gegen China auf der Zielgeraden
China und die EU streiten seit Monaten über Elektroautos. Brüssel wirft Peking unfaire Subventionen vor. Stimmt die Mehrheit der Mitgliedsstaaten deshalb heute für Zusatz-Zölle auf E-Autos aus China? Es sieht danach aus.
Jetzt bleiben nur noch wenige Wochen: Falls sich Brüssel und Peking nicht bis Ende des Monats einigen, werden auf E-Auto-Einfuhren aus China Schutzzölle fällig. Die EU-Kommission wirft der chinesischen Regierung vor, die Preise durch Beihilfen künstlich zu drücken und dadurch den Wettbewerb zu verzerren.
Ab November sind deshalb Sätze von bis zu 35 Prozent vorgesehen, die auf die geltenden Importzölle von zehn Prozent aufgeschlagen werden. Es sei denn, die Mitgliedsstaaten legen heute eine Vollbremsung ein. Aber in Handelsfragen sitzt die Kommission am längeren Hebel.
Scholz: Gespräche mit China fortsetzen
Um ihren Vorschlag abzulehnen, müssten am Vormittag mindestens 15 EU-Regierungen dagegen stimmen, die für zwei Drittel der EU-Bevölkerung stehen. Danach sieht es nicht aus, obwohl der Regierungschef des größten europäischen Autolandes Bedenken anmeldet.
Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt: "Natürlich müssen wir unsere Wirtschaft vor unfairen Handelspraktiken schützen. Unsere Reaktion als EU darf aber nicht dazu führen, dass wir uns selbst schädigen. Deswegen müssen die Verhandlungen mit China in Bezug auf Elektrofahrzeuge weitergehen."
China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner
Aus deutscher Sicht würden Strafzölle mehr schaden als nutzen: China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner. Drei von vier der in Deutschland hergestellten Autos gehen in den Export. Aber obwohl Fachleute in Brüssel und Peking fast täglich miteinander reden, sind weiter keine Fortschritte erkennbar.
Trotzdem betont die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller: "Es gibt erhebliche Bewegung in den Diskussionen. Die Instrumente, die diskutiert werden, sind sehr viel intensiver als am Anfang. Das ist genau der richtige Weg. Länder mit unterschiedlichen Auffassungen zu Handelsfragen müssen sich zusammensetzen und nicht eskalieren."
Import von E-Autos aus China enorm gestiegen
Der Verband lehnt EU-Schutzzölle ab und warnt vor Handelskonflikten mit Nachteilen für alle Seiten. Tatsächlich treffen Brüssels Strafmaßnahmen auch deutsche Hersteller, die in China fertigen lassen - meist tun sie das im Rahmen von Joint Ventures mit lokalen Partnern.
Der Anteil aus China importierter E-Autos an den EU-Zulassungen hat sich nach Kommissionsangaben in den vergangenen vier Jahren vervielfacht - von 3,5 auf 27 Prozent. Deutsche Autobauer befürchten außerdem, dass mögliche Gegenmaßnahmen Pekings ihren Umsatz schmälern könnten.
Deutschland gegen Strafzölle
Bei der heutigen Abstimmung wird die Bundesregierung wohl mit Nein stimmen. Einige EU-Länder dürften sich enthalten, weil sie Chinas Rache fürchten. Denn Peking nimmt mit mehreren Handelsverfahren gezielt einzelne Mitgliedsstaaten ins Visier: Beispielsweise würden Importbeschränkungen für Schweinefleisch Spanien hart treffen. Mögliche Beschränkungen beim Cognac zielen auf Frankreich. Das Land hat sich wie Italien ausdrücklich für die Strafzölle ausgesprochen.
Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass heute genügend Nein-Stimmen zusammenkommen, um die Maßnahmen noch aufzuhalten. Die Kommission betont, dass sie trotzdem mit Peking weiter verhandelt.
Strafzölle - starkes Signal gegen unfairen Wettbewerb
"Ich möchte betonen, dass der Abschluss der Untersuchung nicht notwendigerweise das Ende der Beratungen über eine Lösung bedeutet", sagt der zuständige Direktor in der Generaldirektion Handel, Martin Lukas. "Die Untersuchung hat Fristen, die wir einhalten müssen. Endgültige Maßnahmen müssen bis zum 31. Oktober umgesetzt sein. Preisverpflichtungen oder andere Lösungen können auch danach noch akzeptiert werden."
Europaabgeordnete von Unionsparteien und Grünen haben die angekündigten Strafzölle als starkes Signal gegen unfairen Wettbewerb begrüßt. Auch die Brüsseler Denkfabrik Bruegel verlangt ein solches Zeichen - sogar, wenn es zu Mehrkosten führen sollte. Europa habe sich in der Vergangenheit zu häufig weggeduckt und das Problem ignoriert.