Selenskyj in Washington Neues US-Militärpaket, aber keine ATACMS-Raketen
Die US-Regierung hat der Ukraine anlässlich des Besuchs von Präsident Selenskyj in Washington ein neues, 325 Millionen Dollar schweres Hilfspaket in Aussicht gestellt. Nicht darin enthalten sind die von Kiew geforderten ATACMS-Raketen.
Die USA stellen der Ukraine zur Verteidigung gegen die Invasion Russlands weitere Militärhilfe bereit. Neu genehmigt werden Waffen und Ausrüstung im Wert von 128 Millionen Dollar (rund 120 Millionen Euro) aus Beständen des US-Militärs, wie das Außenministerium mitteilte.
Das Pentagon werde zudem Waffen und Ausrüstung im Wert von 197 Millionen US-Dollar bereitstellen, die bereits zuvor genehmigt wurden. Das Paket mit einem Gesamtwert von rund 325 Millionen Dollar umfasst nach Angaben aus dem Pentagon unter anderem Artilleriemunition und Systeme zur Abwehr feindlicher Luftangriffe. Die aus Kiew geforderten ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometer sind darin nicht enthalten.
"Abrams"-Panzer sollen kommende Woche geliefert werden
Die US-Regierung kündigte die Militärhilfe während eines Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der US-Hauptstadt Washington an. Er hatte sich zuvor mit Mitgliedern des US-Kongresses, Verteidigungsminister Lloyd Austin und Präsident Joe Biden getroffen, um für weitere Unterstützung zu werben. Seit Kriegsbeginn beläuft sich die US-Militärhilfe für die Ukraine nach Regierungsangaben auf 43,9 Milliarden Dollar.
Biden kündigte nach dem Treffen mit Selenskyj an, dass die ersten von den USA zugesagten Kampfpanzer vom Typ "M1 Abrams" in der kommenden Woche geliefert würden. Die US-Regierung hatte im Januar angekündigt, der Ukraine 31 Abrams-Panzer zu liefern. Im März sprach das Pentagon dann von einer geplanten Lieferung im Herbst.
Selenskyj dankt USA für Militärhilfen
Bei dem Treffen mit Biden dankte Selenskyj den USA für ihre anhaltende Unterstützung im Abwehrkampf gegen Russland. Das neue Paket an US-Militärhilfen sei sehr kraftvoll und beinhalte "genau das, was unsere Soldaten jetzt brauchen". Amerika helfe auch dabei, die ukrainische Luftabwehr für den kommenden Winter zu stärken und an der Aufstellung der ukrainischen Streitkräfte der Zukunft zu arbeiten, um neue Angriffe auf sein Land zu verhindern.
Selenskyj betonte, er danke den USA nicht nur für die neue Hilfe, sondern für die Unterstützung an "allen 575 Tagen" des Krieges. Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Verbündete der Ukraine im Abwehrkampf gegen die russischen Invasoren und haben in den vergangenen 19 Monaten milliardenschwere Militärhilfen bereitgestellt.
Nach seinem Besuch in Washington wollte Selenskyj überraschend noch nach Kanada weiterreisen, wo er von Premier Justin Trudeau empfangen wird, wie dessen Büro mitteilte.
Ton in Washington hat sich geändert
Nach seinem Trip zur UN-Generalversammlung in New York war Selenskyj gestern nach Washington gekommen. Nach seiner Ankunft im US-Kongress begleitete der demokratische Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, ihn ins Kapitol.
Der 45-Jährige war mit konkreten Wünschen zu militärischer Ausrüstung nach Washington gekommen. Im vergangenen Dezember war er dort schon einmal zu Gast und wie ein Held empfangen worden. Doch seither hat sich die politische Lage im US-Kongress verändert. Die Republikaner haben seit Januar im Repräsentantenhaus das Sagen. In ihren Reihen herrscht beträchtliche Skepsis, ob die USA weiter viel Geld in einen Krieg pumpen sollten, dessen Ende nicht abzusehen ist.
Und so traf Selenskyj Senatoren und Abgeordnete dieses Mal hinter verschlossenen Türen. Er sei dankbar für die Unterstützung, sagte er im Anschluss. Selenskyj habe die Senatoren vor den Gefahren gewarnt, falls keine weiteren Mittel für die Ukraine bewilligt würden, sagte der demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, dem Sender CNN zufolge. "Es gab einen einzigen Satz, der alles zusammenfasst, und ich zitiere ihn wörtlich: 'Wenn wir die Hilfe nicht bekommen, werden wir den Krieg verlieren.'"
Streit über Ukraine-Hilfen
Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, hatte sich vor Selenskyjs Besuch auf die Frage nach weiterer Unterstützung reserviert geäußert. "Wurde Selenskyj in den Kongress gewählt? Ist er unser Präsident? Das glaube ich nicht", sagte er. Sein Parteikollege Mitch McConnell versuchte hingegen zu betonen, dass die Waffenlieferungen sich auch für die Amerikaner lohnten. Der Minderheitsführer im Senat sagte vorab, dass auch die US-Wirtschaft von den Waffenbestellungen profitiere.
Zwar steht die Mehrheit der Republikaner im Kongress hinter der Unterstützung für die Ukraine. Vor allem rechte Hardliner stellen sich aber dagegen. Weil die Republikaner jedoch nur eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, sind sie in der aktuellen Gemengelage besonders mächtig.