Vor Generalversammlung Selenskyj kritisiert Russlands Macht bei den UN
"Immer noch ein Platz für russische Terroristen": Der ukrainische Präsident Selenskyj hat vor seiner Rede bei der Generalversammlung kritisiert, Moskau sei bei den UN zu mächtig. Heute reden auch Kanzler Scholz und US-Präsident Biden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisiert die Vereinten Nationen dafür, dass Russland trotz des Angriffskrieges gegen sein Land weiterhin an den Schaltstellen der Macht sitze. Es gebe bei der Völkergemeinschaft "immer noch - es ist schade, aber trotzdem - einen Platz für russische Terroristen", sagte er laut Nachrichtenagentur AP im Vorfeld der UN-Generalversammlung in New York.
Russland ist ständiges Mitglied dieses Gremiums und verfügt über ein Vetorecht. Es wurde erwartet, dass Außenminister Sergej Lawrow ebenfalls eine Rede halten wird. Auf die Frage, ob er dann im Saal bleiben und zuhören werde, sagte Selenskyj: "Ich weiß nicht, wie das sein wird, wirklich nicht."
Erstmals seit dem russischen Angriff auf die Ukraine wird Selenskyj heute persönlich vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen auftreten. Zum Auftakt der Generaldebatte reden zudem US-Präsident Joe Biden, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva und auch Bundeskanzler Olaf Scholz.
Deutschland feiert 50 Jahre in den UN
Der SPD-Politiker feierte am Abend bei einem Empfang im UN-Gebäude am New Yorker East River 50 Jahre Deutschland in den Vereinten Nationen. Dabei warb Scholz trotz aller Konflikte weltweit für mehr internationale Zusammenarbeit: "Auch tiefe Gräben können überwunden werden, wenn wir mit Mut, mit Kreativität und mit einem unerschütterlichen Bekenntnis zu den Prinzipien dieser unserer Vereinten Nationen zusammenarbeiten."
Der ukrainische Präsident Selenskyj landete zusammen mit seiner Ehefrau Olena Selenska am Montag in New York. Er hatte in den vergangenen Monaten bereits an mehreren Gipfeln teilgenommen - G7, NATO, EU. In der UN-Vollversammlung war er im vergangenen Jahr aber nur per Video zugeschaltet.
Von seiner 15-minütigen Ansprache (ab etwa 18 Uhr MESZ) wird erwartet, dass er für Unterstützung im Krieg gegen Russland, seine Bedingungen für Frieden und die Vorstellungen Kiews für ein Kriegsverbrechertribunal wirbt.
Selenskyj und Lawrow im Sicherheitsrat erwartet
Am Mittwoch wird Selenskyj im Mittelpunkt einer Sitzung des 15-köpfigen UN-Sicherheitsrats stehen. Dort könnte er erstmals seit dem Einmarsch Russlands in sein Land auf den russischen Außenminister Sergej Lawrow treffen. Am selben Tag ist ein Gespräch mit Scholz geplant. Dabei könnte es um die ukrainische Forderung nach Marschflugkörpern vom Typ "Taurus" gehen. Scholz hat sich dazu bisher zurückhaltend geäußert.
Selenskyjs erste Reise zum UN-Hauptquartier in New York seit Kriegsausbruch wird als Versuch gesehen, skeptische Länder von seinem Kurs zu überzeugen. Allerdings wünschen sich viele Staaten vor allem in Lateinamerika, Afrika und Asien größeres Augenmerk auf ihre Probleme und auf das eigentlich von den UN angepeilte Hauptthema beim größten diplomatischen Treffen der Welt: Eine neue Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Industrie- und Entwicklungsländern.
Baerbock: Kein "business as usual" in Kriegszeiten
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) forderte vor Beginn der Generaldebatte ein starkes Zeichen der Weltgemeinschaft gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin. "Gerade in diesen Zeiten, wo der russische Präsident nicht nur die europäische Friedensordnung attackiert, sondern die Charta der Vereinten Nationen, kann es auch in den Vereinten Nationen kein business as usual geben", sagte die Grünen-Politikerin. "Wir müssen trotz aller Krisen auf dieser Welt gerade in diesen Tagen für die Charta der Vereinten Nationen nicht nur werben, sondern gemeinsam eintreten."