Arizona Weiterzählen, immer weiterzählen
Sie geben nicht auf: In Arizona werden immer noch die Stimmzettel der Präsidentschaftswahl nachgezählt - obwohl der Sieg von Biden in dem US-Bundesstaat mehrfach bestätigt wurde. Immer wieder heizen neue Gerüchte das Misstrauen an.
Anfang der Woche platzte Jack Sellers endgültig der Kragen. Der Republikaner ist Chef des County Board of Supervisors von Maricopa County, einer Art Kreistag, und damit auch zuständig für Wahlen. "Dieses Gremium hat es satt, diesen Leuten irgendetwas zu erklären, die mit den Stimmzetteln unserer Bürger und unserer Ausrüstung Möchtegern-Detektiv spielen wollen", schäumte Sellers. "Höchste Zeit, mit diesem Irrsinn aufzuhören und sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern!"
Die Nerven liegen blank bei Sellers und seinen vier Kollegen, die bis auf einen alles Republikaner sind. Seit Ende April läuft die mittlerweile dritte Überprüfung des Wahlergebnisses in ihrem County. Das hatten Sellers Parteifreunde im Senat gegen den Willen des County durchgesetzt. Per Hand und mit UV-Licht werden jetzt in der Mehrzweckhalle des Veterans Memorial Coliseum von Phoenix die 2,1 Millionen Stimmzettel auf mögliche Manipulationen untersucht.
Um alle Stimmzettel des Bezirks Maricopa nachzuprüfen, braucht es eine Mehrzweckhalle - und viel Zeit.
Und wieder neue Gerüchte
Es kursieren allerhand Gerüchte. Die echten Stimmzettel sollen ein geheimes Wasserzeichen haben, die gefälschten Spuren von Bambus enthalten. Eine der zahlreichen Verschwörungstheorien: 40.000 wahlentscheidende Stimmen für Joe Biden seien direkt aus China - deshalb Bambus - importiert worden.
Eine weitere: Diese Stimmzettel seien inzwischen geschreddert und an Hühner verfüttert worden. Das alles sahen sich die Vertreter des County noch an, bis Ex-Präsident Trump selbst das Fass zum Überlaufen brachte - mit einer Pressemitteilung am Wochenende im Twitter-Stil: Sämtliche Wählerdatenbanken aus Maricopa seien gelöscht worden, ein Verbrechen sei das.
Der Wahlleiter von Maricopa, Stephen Richer, auch ein Republikaner, konnte es nicht fassen, wie er bei CNN erklärte - er sei damit nun einmal zu häufig verleumdet worden. "Ich war sprachlos. Es war so, als ob mir jemand sagt, dass der Bleistift, der vor mir auf dem Tisch liegt, nicht existiert. Der ehemalige Präsident hat es gesagt, und es stimmt einfach nicht. Ich gucke sie mir gerade an."
Manchen reicht es
Aus Protest weigern sich Richer und seine Kollegen, erneut vor dem Senat wegen angeblicher Probleme Rede und Antwort zu stehen. Stattdessen sagten diese Woche Vertreter der mit der Nachzählung beauftragten Unternehmen aus. Einer davon: Doug Logan, der Chef von Cyber Ninjas aus Florida. Bei Twitter hatte er die Mär von der gestohlenen Wahl mitgeschürt. Und der IT-Experte Ben Cotton von der Firma CyFir. Der musste recht kleinlaut eingestehen, dass er die angeblich gelöschten Datensätze inzwischen doch gefunden hat
Trotz allem, die Nachzählung soll weitergehen, erklärte Senatspräsidentin Karen Fann diese Woche. "Das hat nichts damit zu tun, dass wir das Wahlergebnis kippen wollen. Im Senat sind wir dafür zuständig, dass Wahlen ordentlich, akkurat, sicher und integer abgehalten werden. Und nur darum machen wir das momentan."
Momentan ruht die Auszählung. Die Mehrzweckhalle in Phoenix wird für Highschool-Abschlussfeiern gebraucht. Danach wird es weitergehen und beim jetzigen Tempo noch viele Wochen dauern. Von 2,1 Millionen Stimmzetteln haben Trumps Wahlprüfer erst 400.000 in alle Richtungen gedreht und gewendet.