UN-Sicherheitsrat zu Kachowka-Staudamm Gegenseitige Schuldzuweisungen
Nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms haben sich Kiew und Moskau vor dem UN-Sicherheitsrat gegenseitig die Schuld zugewiesen. Der ukrainische UN-Botschafter sagte, die Sprengung sei "ein weiteres Beispiel für den russischen Völkermord".
Die Tragödie um den zerstörten Kachowka-Staudamm sei ein weiteres Beispiel dafür, wie schrecklich der Krieg für die Menschen sei, sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres bereits vor der Sondersitzung des Sicherheitsrats - die ohne ihn stattfand.
Die Ukraine beschuldigt Russland, den Damm gesprengt zu haben. Moskau behauptet, dass ukrainische Truppen die Anlage beschossen hätten.
Doch wie fast alle Mitglieder des Sicherheitsrats, hob Guterres bereits den Kernpunkt hervor: Die Zerstörung des Staudamms im Süden der Ukraine sei eine neuerliche, desaströse Auswirkung des russischen Überfalls auf das Nachbarland.
Dies ist eine weitere verheerende Folge der russischen Invasion in die Ukraine.
Genaue Hintergründe noch unklar
Guterres betonte auch: Die Vereinten Nationen hätten keine unabhängigen Erkenntnisse darüber, wie es zur Zerstörung des Damms gekommen sei. Das hatte auch Washingtons UN-Vertreter, Robert Wood, vor der Sitzung erklärt. Es gebe noch keine gesicherten Erkenntnisse über die Hintergründe der Zerstörung.
Wood betonte: Er halte eine Sabotage durch Kiew aber für unwahrscheinlich. "Warum sollte die Ukraine so etwas ihrem eigenen Territorium und ihren eigenen Menschen antun, ihr Land überschwemmen und Zehntausende dazu zwingen, ihre Häuser zu verlassen? Das macht einfach keinen Sinn."
Russland stellt Bedingungen für UN-Zugang
Vor dem Eintreten in den Saal des Sicherheitsrats hatte Nebensja vor Journalisten erklärt: Die Vereinten Nationen sollten nicht denselben Fehler machen wie bei der Aufklärung über den Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines.
Der ukrainische UN-Botschafter Sergiy Kyslytsya bezichtigte Russland der erneuten Lüge im Sicherheitsrat. Schließlich kontrolliere Russland das Gebiet um den zerstörten Staudamm. Eine Bombardierung von Außen wäre nicht möglich gewesen.
Sein russischer Counterpart Nebensja hatte zudem erklärt: Russland wolle UN-Hilfskräfte nur dann auf das von Moskau kontrollierte Gebiet lassen, wenn sie über Russland dorthin reisten.
Sprengung hat weitreichende Folgen
Vor dem Sicherheitsrat zeigte sich auch UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths schockiert. Als er den Rat zuletzt vor drei Wochen über die humanitäre Lage informiert habe, habe er auf das Sterben und Leid der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten des Konflikts hingewiesen: "Und die heutigen Nachrichten bedeuten, dass die Notlage der Menschen in der Ukraine noch einmal schlimmer wird."
Mindestens 40 Siedlungen seien teils oder ganz überflutet und es würden in den nächsten Tagen mehr werden. Für mindestens 16.000 Menschen, die durch die Überschwemmungen obdachlos geworden seien, leisteten UN-Organisationen humanitäre Hilfe. Der Damm sei eine wichtige Wasserquelle für die Landwirtschaft gewesen. Seine Zerstörung sei ein Schlag gegen die Nahrungsmittelproduktion.
Durch die beeinträchtigte Wasserversorgung gebe es nun ein erhöhtes Risiko für einen Atomunfall im Kernkraftwerk Saporischschja. Auch die Internationale Atomenergiebehörde warnte vor möglichen Folgen für die Kühlung des größten Atomkraftwerks Europas, das von Russland kontrolliert wird.