Reaktionen auf Trump-Anklage "Lasst ihn doch in Ruhe"
Als erster Präsident der US-Geschichte wird Donald Trump wegen eines Verbrechens angeklagt. Geht damit für das liberale Amerika ein Wunsch in Erfüllung? Doch nicht alle New Yorker jubeln heute.
Aktivistin Marni Halasa ist überrascht. Keine ihrer Kolleginnen ist vor das Gerichtsgebäude in Manhattan gekommen, um die Anklage gegen Donald Trump zusammen mit ihr zu bejubeln. In einem Leopardenkostüm schwingt Marni ihren Schwanz aus "Hush Money", aus Schweigegeld, durch die Luft.
Es ist eine Anspielung auf den mutmaßlichen Hauptvorwurf gegen Trump: Dass er Schweigegeld an eine Pornostar gezahlt und das verschwiegen haben soll. Gut, wenn sonst keine da sei, dann sei sie eben hier, um all die Leute zu vertreten, die jetzt arbeiten müssten. "Ich bin hier runtergekommen, um diesen Moment zu feiern", sagt sie. "Als Trump Präsident war, habe ich viel gegen ihn protestiert. Ich war bei den Frauendemos dabei, hab dagegen protestiert, dass er seine Steuerunterlagen nicht rausgeben wollte."
Keine Gelegenheit habe sie ausgelassen, um gegen ihn zu protestieren, sagt Marnie und wedelt mit ihren aufgezogenen Papiergeldbüscheln. "Denn er hat unsere Welt auf den Kopf gestellt. Ich meine, dass er gefährlich für unsere Gesellschaft ist."
Trump drohen bis zu vier Jahre Haft
Spätestens am Dienstag wird die Aktivistin voraussichtlich mehr Gesellschaft vor dem klotzigen Gebäude im Finanzdistrikt von Manhattan bekommen. Dann soll der frühere US-Präsident offiziell hinter den grauen Mauern angeklagt werden, wie das Gericht bekannt gab.
Es sei an der Zeit, dass die Gerechtigkeit siege, erklärt eine Passantin. Sie hoffe, Trump werde mit der vollen Kraft des Gesetzes bestraft. Vier Jahre Gefängnis könnten ihm die geschätzt 30 Anklagepunkte zusammen einbringen, sollte er im anstehenden Prozess für schuldig erklärt werden. So sagen es Rechtsexperten. Doch ein Mann vor dem Gericht sieht das als Unfug an.
Ich wünschte, unser Bezirksstaatsanwalt würde sich mit Dingen beschäftigen, die die meisten New Yorker betreffen: Kriminalität auf der Straße, in der U-Bahn. Anstatt seine Zeit mit seinem persönlichen Feldzug gegen Donald Trump zu verschwenden. Das kostet nur Zeit und viel Steuergeld.
Anklage Rückenwind für Trumps Wahlkampf?
Zumal die Anklage nichts daran ändere, dass der Ex-Präsident versuchen werde, wieder der nächste Präsident zu werden. Nicht nur könne er als Angeklagter weiter kandidieren. Er könne nach US-Recht notfalls auch seinen Wahlkampf aus dem Gefängnis betreiben.
Die Anklage könnte ihm für so etwas viel Rückenwind geben, meint eine Passantin. "Allerdings glaube ich, dass diese Anklage nichts bringt. Sie macht ihn nur zum Märtyrer." Für einen Arbeiter in Sicherheitsweste vor dem Trump Tower ist der Ex-Präsident das schon:
Ich weiß nicht, warum sie ihn verfolgen. Der Mann ist reich. Warum lasst ihr ihn nicht einfach in Ruhe. Trump war der erste Geschäftsmann, der Präsident wurde. Er hat einen guten Job gemacht.
Sorge vor Ausschreitungen bei Anklageverlesung
Vor dem schwarzglänzenden Trump Tower an der Fifth Avenue hält eine kleine Gruppe Demonstranten ein Banner hoch: Inhaftiert Trump! steht darauf. Ab und zu stoßen ein paar Touristen auf eine Handvoll Trumpgegner oder Befürworter. Alles bleibt vorerst ruhig. Die Polizei fürchtet: Das könnte sich ändern bis zu dem noch nie da gewesenen Tag, an dem ein ehemaliger Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte festgenommen und eine Anklage gegen ihn verlesen wird.
Nach US-Recht müssen Angeklagte persönlich für Fotos und Fingerabdrücke erscheinen. Das Gericht und Trumps Anwälte verhandeln derzeit darüber, wie das Prozedere mit einem Ex-Präsidenten aussehen wird - auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit für die Stadt. Die New Yorker Polizei versetzte alle Einsatzkräfte in Alarmbereitschaft: 36.000 Polizisten in Uniform und 19.000 Zivilangestellte sollen bereitstehen, sollte es zu Ausschreitungen kommen. Doch ein Trump-Fan vor dem Tower ist zuversichtlich:
Wir haben hier mit die beste Polizei der USA. Wir hatten hier schon so viele Proteste. Wir werden auch über diese kommen.
Ein anderer Mann widerspricht ihm. Schließlich habe die jüngste Geschichte des Landes gezeigt, was passieren könne, wenn Donald Trump seine Anhänger mobilisiert.