Machtkampf in Guatemala Proteste gegen Generalstaatsanwaltschaft nehmen zu
In Guatemala weiten sich die Proteste gegen die Generalstaatsanwaltschaft wegen ihres Vorgehens gegen den designierten Präsidenten Arévalo aus. Die Demonstranten werfen ihr vor, den Machtwechsel verhindern zu wollen.
Consuelo Porras und Rafael Curruchiche sind in Guatemala derzeit in aller Munde. Die Generalstaatsanwältin des mittelamerikanischen Landes und der Leiter einer Sonderstaatsanwaltschaft gegen Straflosigkeit ließen Ende September eine Razzia beim Obersten Wahlgerichtshof durchführen und dabei Kistenweise Wahldokumente beschlagnahmen.
Es ist der bisherige Höhepunkt eines monatelangen Vorgehens der guatemaltekischen Justiz gegen gegen den am 20. August in der Stichwahl gewählten Präsidenten Bernardo Arévalo und seine Partei, die Antikorruptionsbewegung Semilla. Semilla war bereits vor Wochen der Fraktionsstatus aberkannt worden - die Razzia in der Wahlbehörde hatte der gewählte Präsident unmittelbar darauf als Putschversuch bezeichnet.
Forderung nach Rücktritt
Seither gibt es täglich Demonstrationen vor der so kritisierten Generalstaatsanwaltschaft, auch am Samstag gab es wohl über Hundert Straßenblockaden und Kundgebungen im ganzen Land. Zum wiederholten Male demonstriert auch Mónica aus dem indigenen Volk der Q'echi', in San Pedro Carchá, fünfeinhalb Stunden entfernt von Guatemala-Stadt.
Mit Hunderten fordert sie lautstark den Rücktritt der als korrupt gebranntmarkten Staatsanwälte und Richter: "Wir haben entschieden, erneut auf die Straße zu gehen, um unsere Stimme zu verteidigen", so Mónica . "Wir sehen, wie dieser 'Pakt der Korrupten' unser Wahlrecht mit Füßen tritt. Wir fordern den Rücktritt dieser Korrupten. Es macht uns große Sorgen, dass der 'Pakt der Korrupten' wieder unser Land regiert."
Thelma Aldana ist Consulo Porras' Vorgängerin als Generalstaatsanwältin und anerkannte Antikorruptionskämpferin. Mittlerweile lebt sie in den USA im Exil. Beim so genannten, in Guatemala berüchtigten "Pakt der Korrupten", handelt es sich laut Aldana um "illegale Netzwerke, die seit Jahrzehnten tief im guatemaltekischen Staat verankert sind. Korrupte aus Politik, Justiz und Behörden, von Polizei und Armee, der Oberschicht und der Wirtschaft. Die Kontrolle, die sie über die demokratischen Institutionen erlangt haben, nutzen sie, um die Ressourcen des Staates zu plündern."
Menschenrechtsanwalt: Staatsanwaltschaft als Speerspitze des Pakts
Der Menschenrechtsanwalt Michael "Miguel" Mörth lebt seit langem in Guatemala und erklärt, warum die Staatsanwaltschaft nun sogar gegen ein amtlich verkündetes, international anerkanntes Wahlergebnis vorgeht: Die Staatsanwaltschaft in Guatemala sei Zentrum und Speerspitze des Pakts der Korrupten, habe Richter verfolgt, Staatsanwälte verfolgt, Anwälte ins Gefängnis gebracht, sagt er.
Und heute versuchten sie, dass entweder Arévalo und seine Vize Karin Herrera nicht die Macht übernehmen können - "oder sie zumindest extrem geschwächt übernimmt, weil sie nicht über die Partei verfügen, die dann suspendiert werden würde. Um den Kräftewechsel der sich ankündigt, noch zu verhindern, um damit den Pakt der Korrupten an der Macht zu halten, um die staatlichen Institutionen zu kontrollieren und vor allem keine Strafverfolgung zuzulassen von Korruptionsdelikten", sagte er weiter.
Arévalos wichtigste Unterstützerbasis ist der zivilgesellschaftliche Protest gegen die Angriffe der Staatsanwaltschaft. So dankte er am Wochenende seinen Unterstützern per Videobotschaft auf X, vormals Twitter: "Ich danke Ihnen, denn jeder Einzelne von Ihnen steht mit jedem Einzelnen von uns bei der Verteidigung der Demokratie zusammen."
Kursierende Gerüchte, der noch amtierende Präsident Alejandro Giammattei könnte ob der Straßenblockaden einen Ausnahmezustand verhängen, dementierte die Regierung am Freitagnachmittag. Ausgeschlossen ist ein solcher Schritt jedoch im Falle einer Eskalation der Proteste jedoch nicht.
Internationale breite Unterstützung für Arévalo
International erfährt Arévalo breite Unterstützung: Die USA, die Organisation Amerikanischer Staaten und die EU haben ihre tiefe Besorgnis über die anhaltenden Versuche, die Wahlen zu unterminieren zum Ausdruck gebracht. Auch das deutsche Auswärtige Amt äußert die klare Erwartung, das Arévalo als gewählter Präsident sein neues Amt planmäßig am 14. Januar 2024 antreten wird.