Proteste gegen Wahlverschiebung Internetsperre und Demoverbot im Senegal
Im Senegal reißen die Proteste nach der Wahlverschiebung nicht ab - bislang kamen dabei drei Menschen ums Leben. Die Behörden gehen weiter gegen die Opposition vor: Sie verhängten ein Demoverbot und kappten das mobile Internet.
Seit Tagen wird der Senegal von Protesten gegen Staatschef Macky Sall erschüttert. Dieser hatte verfügt, die ursprünglich für den 25. Februar geplante Präsidentenwahl auf Mitte Dezember zu verlegen. Nun schiebt der Staat weiteren Demonstrationen einen Riegel vor.
So ließen die Behörden heute das mobile Internet abschalten. Als Begründung nannte das Kommunikationsministerium wörtlich "hasserfüllte und subversive Nachrichten, die bereits gewaltsame Demonstrationen mit Toten und erheblichen Sachschäden provoziert haben".
Ein Marsch durch die Hauptstadt Dakar, den die Opposition für heute angemeldet hatte, wurde von den Behörden mit Verweis auf Behinderung des Verkehrs verboten. Dutzende Organisationen wie Gewerkschaften sowie Vertreter der Zivilgesellschaft und der Kirche hatten die Aktion unterstützt.
Human Rights Watch fordert Untersuchung
Bereits am Freitag und Samstag hatten Menschen im Senegal demonstriert. Dabei waren die Sicherheitskräfte massiv gegen die Protestierenden vorgegangen. Human Rights Watch berichtete, dass bei den Einsätzen mindestens drei Demonstranten getötet worden seien, unter ihnen ein 16-Jähriger. Die Zahl der Verletzten wurde auf 60 beziffert.
Mindestens 271 Menschen seien festgenommen worden. Auch Journalisten seien bei der Arbeit angegriffen worden. Die Menschenrechtsorganisation forderte eine unabhängige Untersuchung. Vertreter der Vereinten Nationen äußerten sich "zutiefst besorgt".
"Nach Berichten über unnötige und unverhältnismäßige Gewaltanwendung gegen Demonstranten und Einschränkungen des öffentlichen Raums fordern wir die Behörden auf, dafür zu sorgen, dass sie die lange Tradition der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte im Senegal wahren", teilte das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte in Genf mit. Zuvor hatten bereits die EU und andere Staaten den Senegal zur Achtung der Bürgerrechte aufgefordert.
Plant Präsident Sall einen Verfassungs-Coup?
Der Senegal galt seit seiner Unabhängigkeit 1960 als stabile Mehrparteiendemokratie in Westafrika, wo die Demokratie zunehmend von Putschen und autokratischen Präsidenten bedroht ist. Der Staat mit knapp 18 Millionen Einwohnern hat als einziger seiner Nachbarn keinen Umsturz oder Bürgerkrieg erlebt.
Die derzeitige Krise ist die schwerste seit Jahrzehnten. Das Parlament in Dakar hatte am Montag vergangener Woche dafür gestimmt, die ursprünglich für den 25. Februar geplante Präsidentenwahl auf Mitte Dezember zu verschieben.
Das Parlament stimmte der Verschiebung allerdings erst zu, nachdem Polizisten das Parlamentsgebäude gestürmt und mehrere Oppositionsabgeordnete abgeführt hatten, die gegen die Verschiebung waren. Kritiker sprechen von einem "institutionellen Putsch" und werfen Staatschef Sall vor, sich länger im Amt halten zu wollen. Die Verschiebung der Wahl hatte auch bei EU, USA, Afrikanischer Union und der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas Besorgnis ausgelöst.