Wirtschaftskrise in Ägypten "Schwierigster Ramadan seit dem Mittelalter"
Die Menschen in Ägypten leiden immer mehr unter der Wirtschaftskrise. Mittlerweile kann sich auch die Mittelschicht vieles nicht mehr leisten. Und gerade während des Ramadan sind die Preise weiter angestiegen.
Der zentrale Markt in Imbaba, einem Stadtteil Gizehs im Großraum Kairo: Es ist voll, es ist eng, es ist der vorletzte Tag, um vor dem Zuckerfest, dem Fest des Fastenbrechens Eid al Fitr für das Festessen einzukaufen. "Acht Pfund, acht Pfund", rufen die Verkäufer und steigern sich fast in einen Wettbewerb. Es ist der Preis für ein Kilo Auberginen.
Imbaba ist ein Viertel, in dem die untere Mittelschicht lebt, die besonders unter der Wirtschaftskrise Ägyptens leidet und den Absturz in die Armut fürchtet. Aber jetzt wird alles versucht. Wer noch kann, kauft.
"Lage im Land ist eine Katastrophe"
An einem Stand mit zappelnden Hühnern laufen die Geschäfte gut. Die Hühner allerdings fürchten um ihr Leben, wenn sie an den Füßen hochgehoben und auf die Waage geworfen werden.
Sahar, Einkaufstaschen in der Hand, ihre Haare unter einem roten Kopftuch, ansonsten in Schwarz gekleidet, hat sich gegen ein Huhn entschieden: "Die Preise sind durch die Decke. Sie machen uns verrückt, ehrlich gesagt. Wir müssen weniger kaufen als in den vergangenen Jahren. Anstatt ein Kilo nur noch ein halbes oder ein viertel."
Die Lage im Land sei eine Katastrophe, ihre drei Kinder hätten studiert, Betriebswirtschaft, etwas Vernünftiges. Doch alle drei würden sich jetzt mit Gelegenheitsjobs durchschlagen.
"Mittelschicht hat Probleme"
Heba ist Beamtin. Die 46-Jährige, gekleidet in einen auffälligen Überwurf mit Leopardenmuster, lächelt. Sie müsse vorsichtig sein mit ihren Antworten: "Die Kinder freuen sich auf das Fest, weil sie nicht viel von den Geschehnissen drumherum mitbekommen. Wir versuchen die Balance zu finden zwischen der religiösen und der weltlichen Feier. Es geht uns besser als vielen anderen."
Die Preise steigen während des Ramadan, die Wirtschaftskrise macht vor dem Fastenmonat nicht halt, ganz im Gegenteil. Für die arme Mehrheit in Ägypten war der Ramadan ein großes Problem, meint der Politikwissenschaftler Amar Ali Hassan im Gespräch mit dem ARD-Studio Kairo: "Die Menschen in Ägypten sind unglaublich hohen Preisen ausgesetzt."
Die Mittelschicht, die sonst viel helfe und spende, habe nun selbst Probleme, sagt Hassan. "Und die Rolle des Staates bei der Versorgung der Armen geht immer weiter zurück. Dieser Ramadan war der schwierigste Fastenmonat seit dem Mittelalter."
"Geld reicht nicht für angemessene Feier"
Mohamed verkauft auf der anderen Seite des schmalen Marktganges in Imbaba Gewürze. Sein Stand leuchtet: Rot, Gelb, Ocker, er bietet ein Farbgewitter in den kleinen Säcken seiner Auslage an.
Doch er verkauft wenig, die Preise musste er deutlich erhöhen: "Das hier ist Malventee, daneben Koriander, Zimt, Kurkuma. Früher war alles günstig. Aber jetzt - der Preis von schwarzem Pfeffer hat sich in diesem Jahr vervierfacht."
Und trotzdem reiche das Geld nicht für eine angemessene Feier, fügt Mohamad traurig hinzu: "Ich habe sieben Kinder, alle besuchen die Schule. Meine älteste Tochter macht Abitur. Die Kinder haben keine neuen Kleider zum Fest bekommen." Denn die könne er sich nicht mehr leisten.