Biodiversität Warum gerade so viele Nacktschnecken unterwegs sind
Gefühlt sind sie gerade überall: auf Gehwegen, im Gemüsegarten - im Salat. Nacktschnecken lösen bei vielen Menschen nicht nur Ekel aus, sie können auch großen Schaden anrichten - vor allem die Spanische Wegschnecke.
Nach mehreren trockenen Jahren sind sie in diesem Sommer wieder besonders aktiv: Nacktschnecken machen sich über Salate und anderes Gemüse her und zerstören die mühevoll gezogenen Pflanzen. "Das Wetter im Frühjahr war fantastisch für die Schnecken. Sie fallen jetzt gerade besonders auf, weil sie im Mai und Juni schnell wachsen - und dementsprechend viel fressen", erklärt die Malakologin Heike Reise. Außerdem seien sie bei dem feuchten Wetter derzeit sehr aktiv.
Schnecken sind wichtig für das Ökosystem
In Deutschland gibt es mehr als 200 Landschneckenarten. Sie spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem, denn sie sind unter anderem an der Zerkleinerung und Umwandlung von organischen Substanzen wie Blättern oder Pilzen beteiligt. Sie sorgen also dafür, dass diese Substanzen wieder zu Erde werden können. Außerdem sind sie eine wichtige Nahrungsquelle für zum Beispiel Vögel und Igel. Viele der Arten sind gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht.
Nur die wenigsten richten nennenswerte Schäden an: vor allem die Spanische Wegschnecke (Arion vulgaris), die Gartenwegschnecke (Arion distinctus/A. hortensis) und die Genetzte Ackerschnecke (Deroceras reticulatum).
Die Spanische Wegschnecke ist mittlerweile wohl die häufigste Gartenschnecke in Deutschland. Früher dachte man, sie sei als invasive Art aus Südwesteuropa eingeschleppt worden. Mehrere Studien kommen aber zu dem Schluss, dass die Spanische Wegschnecke wohl gar nicht aus Spanien stammt. Es wird vermutet, dass sie ursprünglich aus Frankreich kommt. Wo genau die Art zunächst auftauchte, ist aber nicht abschließend geklärt: "Sicher ist, dass sich die Schnecke seit etwa Mitte des vorigen Jahrhunderts weit in Europa ausgebreitet hat", erklärt Reise.
Das Erfolgsrezept der Spanischen Wegschnecke
Dass sie sich so erfolgreich ausbreiten konnte, hat mehrere Gründe: "Die Spanische Wegschnecke scheint offensichtlich sehr, sehr konkurrenzfähig zu sein", sagt Malakologin Reise. Sie sei wohl sehr flexibel und könne sich gut neue Ressourcen erschließen. Eine einzige Wegschnecke legt in ihrem einjährigen Leben bis zu 400 Eier und kann dadurch innerhalb kurzer Zeit sehr große Populationen aufbauen.
Darunter leiden andere Schneckenarten: So hat die rasante Verbreitung laut einer Studie des Senckenberg Forschungsinstituts, an der Wissenschaftlerin Reise beteiligt war, regional bereits zu einem Verschwinden der Roten Wegschnecke geführt. Andere Arten leiden auch deshalb an der Ausbreitung der Spanischen Wegschnecke, weil Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Schädling auch sie treffen.
Wird von der Spanischen Wegschnecke verdrängt: die Rote Wegschnecke
Vorsicht mit selbstgemachten Anti-Schnecken-Mitteln
Das Umweltbundesamt rät deswegen vom Einsatz von Bioziden wie etwa Schneckenkorn ab. Denn das belastet neben anderen Schneckenarten auch die Umwelt. Auch bei selbstgemachten Anti-Schnecken-Mitteln sollte geklärt werden, ob diese wirklich zur Bekämpfung von Schnecken geeignet sind. Kaffee- oder Chili-Sud sind nach dem Pflanzenschutzgesetz sogar verboten. Das gilt für alle Präparate, die nicht offiziell als Pflanzenschutzmittel zugelassen sind, aber andere Organismen schädigen können. Das Streuen von Salz kommt daher ebenso wenig infrage.
Auch Hausmittel, die den Schnecken das Kriechen erschweren sollen, wie zum Beispiel Kaffeepulver oder Sägespäne, taugen laut Reise nichts. Denn "sie verlieren nach dem Regen ihre Abwehrfunktion oder werden sogar attraktiv".
Schnecken absammeln und töten
Das Umweltbundesamt rät stattdessen dazu, die Schnecken abzusammeln und dann zu töten - indem man sie zum Beispiel zerschneidet. Sie sollten auf keinen Fall lebend in einer Mülltonne entsorgt werden, denn dort kriechen sie entweder wieder heraus oder ersticken qualvoll. Sie sollten auch nicht im Wald ausgesetzt werden, da sie dort wiederum zur Konkurrenz für andere Arten werden können.
Malakologin Reise empfiehlt, die Schnecken direkt ab dem Frühjahr abzusammeln - allerdings sollte dabei darauf geachtet werden, dass keine gefährdeten Arten darunter sind: "Im Frühjahr sehen die Jungschnecken noch anders aus. Sie sind nicht einfarbig rotbraun, sondern haben ein markantes Streifenmuster." Über das Aussehen der Schnecken sollte man sich am besten vorab informieren.
Daneben empfiehlt das Umweltbundesamt, die Schwächen der Nacktschnecken auszunutzen. Die Tiere mögen es feucht. Dementsprechend sollte man das Beet möglichst sonnig platzieren und die Pflanzen nur punktuell - am besten morgens - gießen. Ein weiterer Tipp ist die Wahl von Pflanzen, die gegen Nacktschnecken widerstandsfähig sind. Einige Kräuter, Blüten- und Gemüsepflanzen mögen die Schnecken nämlich nicht. Dazu zählen zum Beispiel Ringelblumen, Rosmarin oder Salbei. Es wird außerdem empfohlen, eine Kultur nicht jedes Jahr am selben Ort zu pflanzen, da sich Schnecken dort dann eher ansiedeln.