Kampf um Artenschutz Kakerlaken gehen leer aus
Beim Artenschutz messen viele Menschen mit zweierlei Maß, klagen Forscher: Niedliche oder majestätische Tiere bringen mehr Spenden als Insekten oder Kakerlaken - dabei sind die nicht weniger wichtig für das Ökosystem.
Possierliche Pandabären und majestätische Tiger begeistern viele Menschen, aber Regenwürmer oder Spinnen gelten als eklig: Beim Artenschutz werden bestimmte Tiere diskriminiert, wie Wissenschaftler beklagen. Ein Schlaglicht auf alle bedrohten Arten legt der Biodiversitätsrat der Vereinten Nationen (IPBES), der derzeit in Paris tagt.
Wie viele Arten sind bedroht?
Laut dem vorläufigen Abschlussbericht des IPBES-Treffens, der am 6. Mai vorgestellt werden soll, sind 500.000 bis eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Die Forscher sprechen von einem "Massenaussterben", das es in den vergangenen 500 Millionen Jahren erst fünf Mal gab.
Was sind die Gründe für das Artensterben?
In den meisten Fällen steht dahinter der Mensch: Der UN-Bericht listet Landwirtschaft, Abholzung, Bergbau, Fischerei und Jagd als Gründe auf. Der Präsident des Biodiversitätsrats, Robert Watson, warnte zum Auftakt der Konferenz, das Artensterben sei "mindestens genauso" bedrohlich wie der Klimawandel.
Warum sehen Wissenschaftler eine "Diskriminierung" von Arten?
Besonders bedroht sind Insekten: Ihre Zahl hat sich in Europa in den vergangenen drei Jahrzehnten bereits um rund 80 Prozent verringert. Das große Insektensterben hat auch Teile Deutschlands erfasst, wie das Bundesumweltministerium im Sommer 2017 warnte.
Aber viele Insekten hätten schlicht keine "Lobby", klagt der Präsident des französischen Rechercheverbunds für Biodiversität, Jean-François Silvain. Eine Küchenschabe etwa habe "nur eine kurze Lebenserwartung", da der Mensch sie nur als Schädling und Krankheitserreger ansehe.
Welche Arten werden benachteiligt?
Spinnen, Maden, Ratten und Schlangen etwa sind äußerst nützliche Tiere - aber beim Artenschutz falle kaum Augenmerk auf sie, sagt der emeritierte Psychologieprofessor Hal Herzog von der Universität Western Carolina in den USA, der das Verhältnis des Menschen zu Tieren erforscht hat. Arten wie der Regenwurm wirkten "eher wie primitive Außerirdische als Tiere, mit denen ein Mensch sich identifizieren kann".
Was bedeutet das für die Forschung?
Ob Delfine, Tiger oder Elefanten: Für Studien zu beliebten Tierarten können Wissenschaftler "leichter Geld auftreiben", wie Frédéric Legendre vom Museum für Naturgeschichte in Paris sagt, der unter anderem zu Kakerlaken und Termiten geforscht hat. Er war auch einer der Autoren einer Studie, die 2017 einen Zusammenhang zwischen gesellschaftlichen Präferenzen und Artenforschung nachweisen konnte.
Was sagen Umweltschützer dazu?
"Reptilien etwa lassen sich nicht so gut 'verkaufen'", räumt auch Christo Fabricius von der Organisation WWF ein, die einen Panda als Logo hat.
Aber auch für Pandas, Elefanten oder Tiger fließen oft nicht übermäßig Spenden, klagen die Experten: Da diese Tiere oft in Medien auftauchten, hätten viele Menschen den Eindruck, sie seien nicht wirklich bedroht.