Ein Mann geht über ein ausgetrocknetes Feld
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Vor UN-Klimakonferenz Wie können "Klimaverlierer" entschädigt werden?

Stand: 28.11.2023 13:10 Uhr

Ärmere und vom Klimawandel besonders betroffene Staaten fordern einen finanziellen Ausgleich für Klimaschäden. Ein Thema, das bei der UN-Klimakonferenz in Dubai ab Donnerstag eine wichtige Rolle spielen dürfte.

Die Folgen des Klimawandels haben bereits heute Schäden und Verluste verursacht. Da hilft keine Verminderung von Treibhausgasen mehr und keine Anpassung. Das wurde spätestens zum Thema, als um die Jahrtausendwende die Regierung des Inselstaates Tuvalu in Australien und Neuseeland um Asyl für die Bewohner bat, sollten die steigenden Fluten sie zum Flüchten zwingen. Damals abgelehnt, hat Australien einen neuen Antrag vor Kurzem nun doch angenommen.

Die internationale Klimadiplomatie hat erst 2007 im Bali-Action-Plan zum ersten Mal das Thema als solches auf die Tagesordnung gesetzt. Damals in Folge des Supertaifuns Hayan, der Teile der Philippinen verwüstet hatte. Im Paris-Abkommen gibt es einen eigenen Passus zu dieser Frage, die international "Loss and Damage" genannt wird, und seit der 27. UN-Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh im vergangenen Jahr gibt es auch die grundsätzliche Übereinkunft, dass es tatsächlich einen Fonds für solche Schäden geben soll. Viele Fragen sind aber nach wie vor offen.

Teil eines großen Ausgleichssystems

"Der reiche Norden hat den Dreck gemacht, der arme Süden leidet unter ihm." Das ist in Kurzform die Argumentation vieler Staaten, wenn es um Finanztransfers geht. Und sie gilt nicht nur für "Loss and Damage", sondern für alle Bereiche der internationalen Klimafinanzierung. Von der Unterstützung für sich entwickelnde Länder beim Aufbau einer sauberen Energie-Infrastruktur über die Anpassungshilfen bis zu den Schäden und Verlusten eben. Schon 2009 ist dafür ein Bedarf von 100 Milliarden Dollar jährlich festgelegt worden. So viel soll mobilisiert werden - es geht also nicht um direkte Finanztransfers.

Eigentlich sollte die Summe 2020 erreicht werden, doch erst in diesem Jahr könnte das erstmals zusammenkommen. Die Verzögerung hat die UN-Verhandlungen zuletzt schwer belastet, weil Entwicklungsländer ihr Vertrauen missbraucht sehen und ihrerseits weitere Zusagen zum Klimaschutz von der Vertragserfüllung abhängig machen. Und längst geht die Debatte weiter - und mit steigenden Temperaturen wachsen Anpassungsdruck sowie Schäden und Verluste, und damit wächst auch der Finanzbedarf.

Teileinigung vor COP28

Die Debatte um "Loss and Damage" war und ist schwierig, bisher vor allem, weil Industriestaaten fürchteten, dass die Forderungen ein Fass ohne Boden sein würden. Die USA etwa schließen "Reparationszahlungen" für Klimaschäden, die durch ihren Klimagasausstoß in der Vergangenheit entstanden sein könnten, aus. Sie drängen darauf, dass mögliche Ansprüche nur von den bedürftigsten Staaten erhoben werden dürften.

Die finanziellen Möglichkeiten seien beschränkt, ist die gängige Argumentation. Allerdings listet die OECD auf der anderen Seite jährlich sechs Billionen (6.000 Milliarden) Dollar Subventionen auf, die weltweit für fossile Energien fließen.

Immerhin hat es aber bei einigen Streitpunkten bei den jüngsten Verhandlungen im Vorfeld der COP28 durchaus Fortschritte gegeben. Ein 24-köpfiger Übergangsausschuss schlägt vor, dass der Fonds zunächst für vier Jahre von der Weltbank verwaltet werden soll. Das wollten die Industriestaaten, dort haben sie Einfluss. Die Entwicklungsländer hätten gerne einen direkteren Zugriff auf die Mittel gehabt.

China sieht sich als Entwicklungsland

Und zweitens hat der Ausschuss eine Formulierung gefunden, die die Rolle und Verantwortung der großen Schwellenländer als Einzahler für diesen Fonds betrifft: Industriestaaten sollen gedrängt werden, Geld zu geben, große Schwellenländer werden dazu nur ermutigt. China etwa, aber auch Saudi-Arabien, beruft sich nach wie vor auf seinen Status als "Entwicklungsland", der vor mehr als 30 Jahren im UN-Klimarahmenabkommen festgelegt wurde und durch den sich Peking eher als Nehmer- denn als Geberländer sieht.

Wenn China diesem Kompromiss auch bei der Klimakonferenz selbst zustimmt, wäre das ein wichtiges Zeichen. Bislang weigert sich das Land mit Verweis auf die historische Schuld der Industriestaaten bei den Klimagasen, obwohl es mittlerweile selbst der größte Emittent ist. Diese Vorschläge sind aber nichts wert, wenn sie auf der Klimakonferenz in Dubai im Rahmen eines Gesamtpakets an Beschlüssen am Ende nicht auch verabschiedet werden.

Keine Verpflichtung, nur Aufforderung

Am Ende wird es aber wohl kaum eine Verpflichtung geben, diesen Fonds zu füllen, sondern nur eine Aufforderung. Und folglich wird auch keine Geldsumme festgelegt. Eventuelle Zahlungen werden auch nicht als Entschädigungen verstanden, auf die ein Anspruch bestünde, sondern als eine Art Hilfe in Not.

Harjeet Singh, der politische Strategiechef des Klimaschutz-Bündnisses CAN, kritisiert den Kompromiss deshalb heftig und sagt, er verfehle das Ziel, den betroffenen Staaten genügend Mittel zur Verfügung zu stellen. Verschiedene UN-Organisationen gehen tatsächlich von mehreren Hundert Milliarden Dollar Bedarf in den nächsten Jahren aus. Nur wenige Millionen sind bisher freiwillig und eher symbolisch eingezahlt worden. Weil die Staaten selbst kaum die erforderlichen Mittel einzahlen werden, stehen aber auch eigene Finanzquellen für die Klimafinanzierung im Raum, die dann unabhängig vom Wohlwollen der Finanzminister wären.

Die UN-Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD) nennt etwa Steuern auf fossile Brennstoffe oder eine Abgabe für Flugverkehr und Schifffahrt. Nach Angaben aus US-Verhandlerkreisen sollte auch über Abgaben auf den CO2-Handel nachgedacht werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 19. November 2022 um 15:00 Uhr.