70 Jahre nach Ausrottung Indien will Geparden wieder ansiedeln
Seit 70 Jahren gilt der Gepard in Indien als ausgestorben. Jetzt will die indische Regierung die Raubkatze wieder im Land ansiedeln - und flog dafür acht Tiere aus Namibia ein. Das Projekt ist umstritten.
Sie wurden gejagt und eingefangen, ihr Lebensraum wurde immer kleiner und ihre Beutetiere seltener: 1952 erklärte Indien die dort lebende Gepardenart für ausgestorben.
In den folgenden Jahrzehnten gab es immer wieder den Wunsch, Geparden erneut in Indien anzusiedeln. 2020 genehmigte das Oberste Gericht in Indien auf Grundlage eines Versuchs, bei dem afrikanische Geparden an einem "sorgsam ausgewählten Standort" im Land angesiedelt werden. Nun gibt es einen ersten Anlauf.
Ein Monat Quarantäne
Acht Tiere aus Namibia wurden nach Indien gebracht. Premierminister Narendra Modi entließ sie in ein Quarantänegehege. In dem mehr als fünf Quadratkilometer großen Gelände leben auch mehr als 200 Hirsche, Gazellen und Antilopen als Beute.
Nach einem Monat in Quarantäne sollen die Geparden im Kuno-Nationalpark im zentralen Bundesstaat Madhya Pradesh ihr neues Zuhause finden.
Der indische Premierminister Narendra Modi beobachtet die Geparden in ihrem Quarantänegehege.
Erste interkontinentale Umsiedlung
Fünf weibliche Tiere im guten Fortpflanzungsalter und drei männliche Tiere sind dabei, sagt Laurie Marker, Direktorin des namibischen Fonds zum Schutz der Geparden.
9000 Kilometer haben die Tiere mit dem Flugzeug zurückgelegt. Es ist das erste Mal, dass Geparden von einem Kontinent auf einen anderen umgesiedelt werden sollen.
Im Jahr 2017 wurden bereits Geparden in Malawi wieder angesiedelt, nachdem sie dort in den 1980er-Jahren ausgestorben waren. Aus damals vier Tieren sind inzwischen 24 geworden.
Kritiker warnen vor "unbeabsichtigten Konsequenzen"
Doch Neuansiedlungen von Tierarten haben immer auch Risiken. Kritiker warnten davor, dass die Tiere sich nur schwer an die natürliche Umwelt in Indien gewöhnen würden.
Mayukh Chatterjee von der International Union for Conservation of Nature wies außerdem auf mögliche "unbeabsichtigte Konsequenzen" hin. Es sei zum Beispiel fraglich, wie sich die Ansiedlung auf andere Fleischfresser wie Hyänen und Beutetiere wie Vögel auswirken werde.
In Transportkäfigen wurden die Geparden in das Quarantänegehege in Indien gebracht.
Etwa die Hälfte der Tiere könnte sterben
Es sei nicht ungewöhnlich, dass etwa die Hälfte der Tiere sterbe, erklärt Yadvendradev Jhala, der beim Projekt auf indischer Seite beteiligt ist.
"Es wird Zeit brauchen, um eine lebensfähige Population wiederherzustellen, wahrscheinlich fünf bis zehn Jahre", sagt auch Marker vom namibischen Fonds zum Schutz der Geparden. Das Projekt sei jedoch ein "enorm wichtiger Schritt in die richtige Richtung".
Genetische Unterschiede
Die afrikanischen Geparden unterscheiden sich genetisch von der asiatischen Geparden-Unterart, wenn auch nur geringfügig. Die Chance, dass sie sich in Indien an die Lebensbedingungen anpassen könnten, sei aber hoch, sagt Marker: "An der Umsiedlung hat ein Team von Experten aus aller Welt gearbeitet. Die Unterarten sind sich sehr ähnlich und der Gepard ist sehr anpassungsfähig. Die Vorteile überwiegen die Risiken."
Weltweit gibt es noch etwa 7100 Geparden, 6600 davon in Afrika. Die einzig noch wild lebenden asiatischen Geparden finden sich im Iran - mit einer Population von weniger als 30 Tieren.