Welt-Malaria-Tag "Machen nicht die Fortschritte, die wir machen sollten"
Weltweit stecken sich jährlich rund 250 Millionen Menschen mit Malaria an, viele sterben an einer Infektion - vor allem in Afrika. In Kamerun läuft eine Impfkampagne, die Hoffnung macht, aber auch auf Widerstand stößt.
Gleich ist es so weit: Zusammen mit etwa 200 weiteren jungen Müttern hat Hélène, die nur ihren Vornamen nennt, stundenlang geduldig in der Schlange gewartet - inmitten von viel Gewusel und Geschrei hörbar verdrossener Säuglinge. Doch nun werden die Zwillingsmädchen von Hélène im Krankenhaus der Region Soa nahe der kamerunischen Hauptstadt Jaunde, endlich gegen Malaria geimpft: "Ich bin gekommen, weil ich nicht will, dass meine Kinder krank werden", erklärt die Mutter. Und gibt gleichzeitig zu: "Früher habe ich nicht an Impfungen geglaubt."
Heute ist sie überzeugt davon. Weil sie weiß, dass in Kamerun der durch die Anopheles-Mücke übertragene Malaria-Parasit todbringender ist als jede andere Krankheit. Weltweit stecken sich jährlich rund 250 Millionen Menschen mit der tückischen Infektion an. Mehr als 600.000 fallen ihr zum Opfer, vor allem in Afrika. Doch mit ihrer einstmaligen Impfskepsis ist die junge Mutter in Kamerun keineswegs allein. In sozialen Medien Afrikas kursieren haufenweise Horror- und Falschmeldungen, dass die Medizin töte statt schütze.
Viel Aufklärungsarbeit nötig
"Das ist ein Problem, das jedes Mal auftaucht, wenn es um einen neuen Impfstoff geht", erklärt Dorothy Fosah Achu, die im Afrika-Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für das Malaria-Programm zuständig ist. Es sei weiter viel Aufklärungsarbeit nötig.
Diese Aufklärungsarbeit übernimmt in der kamerunischen Klinik Soa Krankenschwester Biko'o Priso, die den Hunderten Wartenden mit eindringlicher Stimme nahelegt, alle Kinder zwischen null und fünf Jahren herzubringen: "Das ist zu eurem eigenen Vorteil", schärft sie den Müttern ein. "Der Staat will die Kindersterblichkeit aufgrund von Malaria ausradieren. Und Ihr wisst ja, dass Malaria eure Kinder tötet."
Trotz aller Gegenkampagnen in den sozialen Netzwerken: In Kamerun kommen sogar Erwachsene, die fragen, ob sie nicht auch geimpft werden können.
Kamerun bietet seit drei Monaten Impfungen an
Im Krankenhaus Soa, wurde vor etwa drei Monaten die erste Nadel im westafrikanischen Kamerun mit dem neuen Impfstoff gesetzt. Er sei nach wie vor überwältigt vom großen Andrang, gesteht Krankenhausdirektor Ekani Bukar: "Vom ersten Tag an kamen die Menschen - trotz aller Gegenkampagnen in den sozialen Netzwerken. Es kommen sogar Erwachsene, die fragen, ob sie nicht auch geimpft werden können."
Trotz des Hochbetriebs hier: Der Kampf gegen Malaria ist alles andere als gewonnen. Der Impfschutz liegt WHO-Berechnungen zufolge nur bei 30 bis 50 Prozent, kann also nur ein Heilmittel unter vielen sein. Und in Kamerun selbst wurde bislang nur in jedem vierten Distrikt geimpft.
Zahlen geben Anlass zur Sorge
Weitet man den Blick auf Afrika, den von Malaria weltweit am schwersten betroffenen Kontinent, so geben die jüngsten Zahlen eher Anlass zur Sorge: In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist es nach Angaben der WHO zwar gelungen, die Zahl der Ansteckungs- und Todesfälle massiv herunterzuschrauben. Aber: "Zuletzt haben wir wieder einen leichten Anstieg bei den Fällen festgestellt. Man kann sagen, dass bei der Bekämpfung in den letzten sechs bis sieben Jahren Stillstand herrschte. Wir machen nicht mehr die Fortschritte, die wir machen sollten", beklagt Dorothy Fosah Achu von der WHO.
Als einen von mehreren Gründen nennt sie das rasante Bevölkerungswachstum. Aber auch die Tatsache, dass aufgrund von Krisen, Kriegen und Terror viele Menschen innerhalb Afrikas keine feste Bleibe mehr haben und deshalb besonders gefährdet sind für den Stich der Anopheles-Mücke. Die so klein und unscheinbar scheint, und doch das wohl gefährlichste Tier auf diesem Erdball ist.
Klein, aber gefährlich: Die Anopheles-Mücke ist - wegen der Krankheiten, die sie überträgt - das wohl gefährlichste Tier der Welt.
Kapverdische Inseln sind malariafrei
Doch es gibt auch gute Nachrichten: An einer Straßenbiegung in Praia, der Hauptstadt der Kapverdischen Inseln, ist an eine Wand ein Anopheles-Moskito gemalt. Rot durchgestrichen. Und mit dem Schriftzug darüber: "Null Malaria fängt bei mir an." Null Malaria - das haben die Kapverdischen Inseln geschafft. Seit Anfang des Jahres trägt der Atlantik-Staat vor der Küste Westafrikas stolz das WHO-Gütesigel "malariafrei".
"Die Kapverden sind ein Musterbeispiel dafür, wie eine politische Führung Malaria zur Chefsache gemacht und viel investiert hat", erklärt Expertin Achu.
Menschen können Kampf gegen Mücken gewinnen
Den Mücken die Brutstätten nehmen, großflächiges Sprühen, das Verteilen von Moskitonetzen - all das erweist sich weltweit als wirksames Mittel gegen Malaria. Hinzu kommen nun Impfungen.
Was die Kapverden betrifft, so hat es - zugegeben - ein Inselstaat mit vergleichsweise geringer Einwohnerzahl leichter als ein 225-Millionen-Einwohner-Land mit einem Terrorismusproblem wie Nigeria, in dem Malaria weltweit am schlimmsten wütet. Doch die Kapverden beweisen, dass der Kampf gegen die tödlichen Mücken keiner ist, in dem die Menschen automatisch unterliegen müssen.