Handelsbeziehungen Deutsche Firmen wegen Russland in Sorge
Viele deutsche Firmen unterhalten enge Geschäftskontakte zu Russland. Der aktuelle Konflikt mit Moskau alarmiert auch die Wirtschaft. Allerdings hat das Investitionsklima schon vorher gelitten.
Vor wenigen Jahren war Russlands Präsident Wladimir Putin noch ein gern gesehener Gast in Deutschland. Auf der Hannover Messe 2013 schritt er mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und deutschen Top-Managern durch die Hallen. Die einzigen Proteste, die er hautnah erlebte, kamen von Aktivistinnen der Femen-Bewegung.
Jetzt wagt es kaum noch ein deutscher Unternehmer, sich öffentlich mit Putin zur Schau zu stellen. Selbst das alljährliche deutsch-russische Wirtschaftstreffen zwischen hochrangigen deutschen Managern und Putin, das Anfang März per Videokonferenz stattfinden soll, wird nun zum Politikum.
Hoffnung auf friedliche Lösung
Die deutschen Unternehmen in Russland - von VW, Siemens bis zu Claas Landtechnik - blicken mit Sorge auf die Ukraine-Krise. Sie hoffen auf eine friedliche Lösung des Konflikts und warnen vor einem Abbruch der Beziehungen zu Russland. "Wohin soll es führen, wenn alle Kontakte angebrochen und alle Projekte eingefroren werden, wie es manche leichtfertig fordern?", fragt Rainer Seele, Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer. Seit Wochen setzt er sich für den Erhalt der deutsch-russischen Handelsbeziehungen ein. Wirtschaftskontakte sicherten Frieden und Wohlstand, betont er. Auch in den finsteren Zeiten des Kalten Krieges sei die deutsche Wirtschaft stets eine Brücke zur Sowjetunion gewesen.
Trotz EU-Sanktionen wegen Russlands Annexion der Krim und Corona-Restriktionen hat die deutsche Wirtschaft in den vergangenen fünf Jahren mehr als sieben Milliarden Euro netto im größten Flächenland der Erde investiert. "Russland bleibt ein wegen der Konsumfreude der Bevölkerung lukrativer Markt für unsere Unternehmen, auch wenn die schwache Konjunktur und die Corona-Krise die Entwicklung bremsen", sagt Matthias Schepp, Vorsitzender der Außenhandelskammer (AHK) und Delegierter der deutschen Wirtschaft in Russland. Großkonzerne und Mittelständler investieren strategisch und langfristig in Russland.
Zwangstests für ausländische Topmanager
Allerdings hat sich zuletzt das Investitionsklima spürbar verschlechtert. Besonders die zur Jahreswende eingeführten medizinischen Zwangstests für in Russland arbeitende Ausländer verärgern die deutschen Unternehmer. "Ausländische Manager und Ingenieure werden zum Schaden des Investitionsklimas einem diskriminierenden und zeitaufwendigen Prozedere ausgesetzt, obwohl sie in ihren Heimatländern für Investitionen in Russland werben", beklagt Schepp.
Schon jetzt ziehen sich einzelne deutsche Firmen aus dem russischen Markt zurück. Laut AHK ist die Zahl deutscher Firmen im vergangenen Jahr um acht Prozent auf 3651 gesunken. "2022 werden noch mehr Firmen die Koffer packen wenn nicht bald Lösungen gefunden werden, die das Geschäftsklima stabilisieren", sagt Schepp. 2011 gab es noch 6300 deutsche Firmen in Russland.
Unter den Exportpartnern auf Platz 15
Russland ist immer noch ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Unternehmen, auch wenn er an Bedeutung verloren hat. Unter den Außenhandelspartnern rangierte 2020 das Riesen-Land an 15. Stelle bei den deutschen Exporten, heißt es beim Statistischen Bundesamt. Mit 23 Milliarden Euro lag der Anteil Russlands an den gesamten deutschen Ausfuhren bei damals knapp zwei Prozent. Zu den bevorzugten deutschen Exportgütern zählen Maschinen, Autos und Autoteile, chemische Produkte und Elektrotechnik.
Umgekehrt liefert Russland vor allem Rohstoffe, Erdöl, Gas und Nichteisenmetalle nach Deutschland. Gut zwei Prozent der gesamten deutschen Importe steuert Russland bei. Unter den Außenhandelspartnern liegt das Land damit auf Platz 14 Besonders beim Erdgas ist Deutschland auf Russland angewiesen. Gut die Hälfte des Erdgases, das Deutschland bezieht, stammt von Gazprom & Co. Mit der neuen Ostseepipeline Nord Stream 2 würde der Anteil noch steigen. Die Erdgas-Leitung ist fertiggestellt, aber noch nicht in Betrieb.