Teuerung in Portugal Mit Steuersenkungen gegen die Inflation
Auch in Portugal sind die Preise stark gestiegen. Die Einkommen liegen in dem südeuropäischen Land deutlich unter deutschem Niveau. Daher will die Regierung die Mehrwertsteuer auf viele Grundnahrungsmittel senken.
So teuer waren Eier, Reis, Nudeln, Olivenöl, Brot und andere Grundnahrungsmittel in Portugal noch nie. Die Lebensmittelpreise sind zuletzt um 20,1 Prozent gestiegen. Ausgelöst habe die hohe Inflation der russische Angriffskrieg in der Ukraine, so äußerte sich vergangene Woche Portugals Ministerpräsident António Costa.
Gründonnerstag wird abgestimmt
Insgesamt lag die Inflationsrate in dem südeuropäischen Land im Februar bei 8,2 Prozent und damit auf einem ähnlichen Niveau wie in Deutschland. Nur ist das Einkommen in Portugal deutlich geringer. Mit den niedrigeren Gehältern kann deshalb auch nur weniger ausgegeben werden - umso mehr schmerzt der hohe Preisanstieg.
Deshalb sieht sich die linke Regierung jetzt zum Handeln gezwungen. Der Plan: die Mehrwertsteuer auf 44 Grundnahrungsmittel soll gestrichen werden. Das wurde so vergangene Woche im Parlament debattiert, am Gründonnerstag soll darüber abgestimmt werden.
Diese Maßnahme kommt überraschend, denn bislang hatte die Regierung die Senkung der Mehrwertsteuer immer abgelehnt. Finanzminister Fernando Medina verwies bislang stets darauf, dass ein solcher Schritt in anderen Ländern wie in Spanien keine wirklichen Entlastungen beim Verbraucher gebracht hätten. Deshalb habe die Regierung auch mit Produzenten und Handel eine Vereinbarung getroffen, die garantieren soll, dass die Preise tatsächlich stabil gehalten werden sollen.
Regierungspartei in Umfragen abgestürzt
Der Erfolg dieser Aktion wird von vielen Wirtschaftsfachleuten allerdings bezweifelt. Die Einsparungen für die Verbraucher seien im besten Fall eher spärlich, nämlich um die acht Euro im Monat. Dem stünden jedoch Kosten von rund 600 Millionen Euro gegenüber, so die Zahlen von Regierungschef Costa. "Viel Lärm und viel Geld für nichts", lautet daher die Meinung aus Kreisen der Wirtschaftsexperten.
Dass die Regierung sich letztendlich dazu durchgerungen hat, die Mehrwertsteuer auszusetzen, dürfte andere Gründe haben: In den Meinungsumfragen ist die PS (die Partido Socialista) - seit sie allein und mit absoluter Mehrheit regiert - stark abgestürzt und liegt jetzt mit der Oppositionspartei PSD praktisch gleichauf. Viele Portugiesen sind immer unzufriedener mit ihrer Regierung. Es gibt viele soziale Probleme, die ungelöst sind.
Im Schnitt weniger als 1000 Euro im Monat
Portugal gehört zu den ärmsten Ländern Westeuropas. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer im Land verdiente im vergangenen Jahr weniger als 1000 Euro im Monat, so offizielle Statistiken. Der Mindestlohn beträgt 760 Euro. Vor allem für die jüngere Bevölkerung ist die Situation hart. Denn die durchschnittliche Miete in Lissabon beträgt 1350 Euro monatlich - für viele unbezahlbar.
Und es gibt zu wenige Wohnungen. Angesichts der Krise auf dem Wohnungsmarkt hat die portugiesische Regierung am Donnerstag einen Plan gebilligt, der die Zahl verfügbarer Wohnungen erhöhen soll - in einem Land, in dem 730.000 Unterkünfte leer stehen oder abbruchreif sind. Eine der zentralen Maßnahmen der Regierung ist ein Stopp der Vergabe sogenannter "Vergoldeter Visa", die reichen Investoren ein Aufenthaltsrecht gewähren. Damit soll die Immobilienspekulation eingedämmt werden.
Hilfen für Familien
Der Wohnungsplan der Regierung sieht zudem Steuervorteile für Eigentümer vor, die Ferienwohnungen auf dem Wohnungsmarkt anbieten. Außerdem sollen Wohnungen in Großstädten, die seit mehr als zwei Jahren leer stehen, auf dem Immobilienmarkt angeboten werden.
Das alles läuft unter dem Stichwort Inflationsbekämpfung. Zu diesem Maßnahmenpaket gehört auch eine weitere Unterstützung von Familien mit geringen Einkommen und Empfänger von Sozialleistungen. Sie sollen zusätzlich monatliche Schecks in Höhe von 30 Euro bekommen - ein Zuschuss für etwa drei Millionen Menschen. Die Mehrwertsteuersenkung auf die 44 Grundnahrungsmittel soll zunächst für sechs Monate gelten und gegebenenfalls verlängert werden.
Die Inflation aber, so warnen Experten, werde weiter hoch bleiben - weil nötige Preiserhöhungen die Mehrwertsteuersenkung "auffressen" könnten.