Abbau in Bolivien Lithium-Rausch in den Anden
Unter dem Uyuni-Salzsee in Bolivien werden die größten Lithium-Vorkommen der Erde vermutet. Der geplante Abbau des für Akkus wichtigen Metalls weckt Hoffnungen, ist aber wegen des hohen Wasserverbrauchs umstritten.
Blendend weiß liegt er da, zwischen den majestätischen Gipfeln der bolivianischen Anden, eine Fläche neun Mal so groß wie Berlin: der Uyuni-Salzsee. Darunter verborgen liegt ein Schatz: weißes Gold, Lithium, oder wie Panfilo Huayllas, Bürgermeister der Gemeinde Rio Grande, sagt: "unsere Zukunft". Er fordert: "Alle Gemeinden rund um den Salzsee und alle Bolivianer müssen von dem Lithium profitieren, das unter dieser Salzkruste steckt.
Lithium, das leichteste Metall der Erde, wird für Lithium-Ionen-Akkus benötigt. Die stecken nicht nur in Handys und Laptops, sondern auch in Elektroautos. Ohne Lithium keine E-Mobilität - und nirgends auf der Welt werden mehr Reserven vermutet als hier, auf dem Dach der Anden.
Bolivien will nicht nur Rohstofflieferant sein
Doch Bolivien will mehr sein als nur Rohstofflieferant. "Wir Anwohner müssen an den Profiten beteiligt werden, denn die Auswirkungen der Lithium-Industrialisierung werden wir hier in Rio Grande zu spüren bekommen", sagt Bürgermeister Huayllas.
Lithium soll ein Antrieb für Boliviens Industrialisierung sein. Geplant ist, die Akkus selbst zu bauen. Für dieses Projekt suchte Ex-Präsident Evo Morales einst Partner - und fand sie in einem deutschen Mittelständler: ACISA aus Zimmern ob Rottweil am Rand des Schwarzwaldes. Es war ein Jahrhundertdeal. Doch er platzte 2019, nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Wahl und Morales' Flucht ins Exil. Seitdem liegt das deutsch-bolivianische Projekt auf Eis.
Der von Ex-Präsident Morales ausgehandelte Lithium-Deal platzte 2019.
Ohnehin sind nicht alle begeistert davon. Luis Machaca ist Sprecher einer Bürgerinitiative, die sich gegen das Projekt stellt. "Hinter unserem Rücken wollten die Deutschen unseren Rohstoff abbauen, mit einem Vertrag über 70 Jahre", sagt er. "Sie mögen ein guter Partner sein, aber sie besitzen weder die technischen Mittel, noch die Technologie."
Lithium-Abbau verbraucht viel kostbares Wasser
Was bedeutet der Abbau für die Menschen, aber auch für das sensible Ökosystem? Dabei geht es um das kostbarste Gut auf dem Dach der Anden: Wasser.
Ein Blick über die Grenze, in die Atacama-Wüste nach Chile: Dort fördert das Unternehmen SQM schon seit 25 Jahren Lithium. Aus 40 Metern wird die Salzlake nach oben gepumpt, verdunstet dann über Monate in Becken, bis eine lithiumhaltige Schlacke übrig bleibt.
Es sei ein sehr wasserintensiver Prozess, ausgerechnet in einer der trockensten Regionen der Welt, sagt die chilenische Biologin Cristina Dorador. "Auf Satellitenaufnahmen der vergangenen 20 Jahre erkennen wir, dass der Boden Feuchtigkeit verloren hat", sagt sie. Gleichzeitig heizt sich der Boden auf und die Vegetation gehe zurück. "Diese Veränderungen stehen in direktem Zusammenhang mit der Lithiumförderung der letzten 20 Jahre."
Wasserschutz soll verbessert werden
Das Unternehmen verspricht, den Abbau nachhaltiger zu gestalten. In Chiles neuer Verfassung, an der auch die Biologin Dorador mitschreiben wird, soll Umwelt- und Wasserschutz großgeschrieben werden. Anwohner wie Cristian Toroca bleiben skeptisch. "Die Firma hatte bisher nicht die Absicht, die Anwohner einzubinden, das stört uns an diesem Konzern", sagt er. "Sie holen dieses Mineral aus dem Boden, um es in Europa als ein sauberes Produkt zu verkaufen, doch das ist eine Lüge."
In Bolivien ist nach wie vor offen, wer nun den Zuschlag bekommt: Konkurrenz machen den Deutschen chinesische und US-amerikanische Unternehmen. Panfilo Huayllas hofft weiter darauf, dass das weiße Gold seiner Gemeinde Wohlstand bringt. Doch auch er sagt: nicht zu jedem Preis. "Es müssen alternative Wege gefunden werden, wie zukünftig die Lithiumproduktion mit Wasser versorgt wird. Wenn sie ausschließlich unsere Brunnen anzapfen, ruinieren wir die Zukunft unserer Kinder."